Im Krieg mit der Ukraine zeigt sich Wladimir Putin (69) dazu bereit, sehr viel aufzugeben. Er opfert seine Soldaten und zieht den Hass der gesamten Welt auf sich. Zudem setzt er die russische Wirtschaft kurz nach der Corona-Krise, den harten westlichen Sanktionen aus. Und das alles, nur um ein bisschen Land in der Ukraine zu gewinnen? Wohl kaum.
Putin dürfte noch weitaus grössere Ziele verfolgen, wie die ehemalige Nato-Strategie-Beraterin Stefanie Babst in einem Interview mit «RBB Info» erzählt. Putins grosser Plan beinhalte unter anderem die Spaltung der westlichen Bündnisse EU und Nato. Zudem wolle er den Einfluss der USA in Europa nachhaltig schwächen.
Putin hat Stärke des Westens mehrmals getestet
Zusammengefasst möchte Putin, dass Russland wieder also globale Grossmacht angesehen wird, ist sich Babst sicher. «Putin will, zusammen mit China, eine neue Weltordnung etablieren, in der amerikanischer und westeuropäischer Einfluss deutlich minimiert wird.» Nina Chruschtschowa, Urenkelin von Nikita Chruschtschow (1894-1971), einem der mächtigsten Politiker der ehemaligen Sowjetunion, ist der gleichen Meinung über Putins Vorhaben. «Er will das Reich von Putin dem Grossen errichten», sagt sie im Gespräch mit der «ARD»
Diesen Plan verfolge der russische Herrscher schon seit mehr als zehn Jahren, wie Babst erklärt. Dazu habe er die Stärke und Reaktionsfähigkeit des Westens auch schon mehrere Male getestet. So etwa im Kaukasuskrieg 2008 in Georgien, oder auch mit der Annexion der Krim 2014.
Ist Russland überhaupt noch zu stoppen?
Mit der Reaktion des Westens dürfte Putin dabei mehr als zufrieden gewesen zu sein. Langfristige Folgen hatten die Konflikte nie für Russland. Die Invasion der Ukraine könnte jetzt somit den Startschuss für den grossen Plan des russischen Machthabers bedeuten.
Ist Russland also gar nicht mehr zu stoppen? «Die Handlungsoptionen sind tatsächlich begrenzt», erklärt Nato-Strategin Babst. Nun müsse der Westen dafür sorgen, dass der Krieg nicht auf zentraleuropäische Gebiete überschwappt. Ausserdem müsse sich die Nato darauf konzentrieren, ihre Abschreckung zu verstärken.
Seitdem Krieg in der Ukraine erlebt die Nato eine Art Wiederauferstehung. Auch die EU-Länder sind sich so einig wie schon lange nicht mehr. Ganz so einfach dürfte es Putin also doch nicht haben. «Putin muss wissen: Ein Angriff auf ein Land des Atlantischen Bündnisses wäre zugleich ein Angriff auf alle anderen», sagt Historiker Heinrich August Winkler (83) zur «Bild». (obf)