Der brutale Tod des Afroamerikaners George Floyd (†46) durch Polizeigewalt in Minneapolis hat nicht nur in der Stadt im US-Bundesstaat Minnesota Grossproteste ausgelöst. Auch in zahlreichen weiteren US-Städten kam es zu Demonstrationen, die vielerorts zu Chaos führten.
Neben Minneapolis kam es auch quer durch die USA in Los Angeles, Phoenix, Denver, Louisville, Memphis und Colombus zu Ausschreitungen. In New York wurden bei Protesten 72 Personen verhaftet. Sie sollen Polizisten angegriffen haben - zwei Uniformierte wurden verletzt - oder sich nicht an deren Anweisungen gehalten haben. Am späten Freitag meldeten auch Dallas, Houston und die Glücksspielstadt Las Vegas Proteste. Damit wird das Land nach Aufruhr gegen den Corona-Lockdown innerhalb kürzester Zeit von einer zweiten Protestwelle überrollt.
Vordergründig ist es Rassismus, der die Proteste ausgelöst hat. Tatsächlich wachsen in den USA die Armut sowie die Wut auf das Staatsversagen. Städte brennen, im Land glüht es. «Der Normalzustand funktioniert nicht mehr», sagte Tim Walz (56), der Gouverneur von Minnesota. «Der Normalzustand funktioniert schon lange nicht mehr.»
Weisses Haus wegen Protesten abgeriegelt
Selbst vor dem Weissen Haus eskalierten die Proteste gegen Polizeigewalt am späten Freitag Ortszeit. Schliesslich musste laut US-Medien der Secret Service aufmarschieren, um die wütende Menge im Zaum zu halten. Demonstranten riefen laut im Chor: «Schiesst nicht!», und hielten die Hände hoch.
Laut «CNN» wurde das Weisse Haus abgeriegelt, als die Demonstranten an der Pennsylvania Avenue beim Lafayette Park eintrafen. Die Türen zum Besprechungsraum des Weissen Hauses, in dem die Reporter ihre Büros haben, wurden ebenfalls verschlossen, und die Beamten des Geheimdienstes liessen niemanden vom Gelände des Weissen Hauses weg.
Um den Presseeingang herum befanden sich zunächst Mitglieder des Pressekorps. Sie wurden zurück in den Pressebriefing-Raum des Weissen Hauses beordert, wo sie sich zu verschanzen haben.
Nach den Covid- die Floyd-Proteste
Minneapolis bleibt das Epizentrum der Proteste, wo die Polizei in voller Kampfmontur im Einsatz steht. Die Ausschreitungen landauf landab in den USA machen deutlich, wie gross das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber dem Staat und den Behörden ist.
US-Präsident Donald Trump (73) warnte schon beim Ausbruch der Covid-19-Pandemie, dass die über das Land hereinbrechende Wirtschaftsnot auch zum Niedergang von Recht und Ordnung führen könnten. Besondere Angst herrscht vor Plünderungen. Dann würde auch mit dem Einsatz von Schusswaffen und Schiessen begonnen, die in den USA weit verbreitet sind.
Es braucht nicht viel, um das Fass zum Überlaufen zu bringen und Menschen auf die Strassen zu treiben. Die Fälle von Brutalo-Polizeigewalt insbesondere gegen Schwarze sind kein Einzelfall - und seit dem Ausbruch der Coronakrise haben mehr als 42 Millionen Menschen den Job verloren. Das entspricht jedem vierten Arbeitnehmer.
Es brodelt im Land
Die Arbeitslosenzahlen haben den Zenit überschritten und sind wieder leicht rückläufig. Doch gerade die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen werden erst nach und nach sichtbar. Die Lage in den USA scheint immer angespannter.
Die Gewalt in den Städten droht komplett zu eskalieren. Beispiel Columbus, Hauptstadt des Bundesstaates Ohio: Rund 400 Menschen gerieten am Donnerstagabend in eine Pattsituation mit der Polizei und blockierten stundenlang die Kreuzungen der wichtigsten Strassen.
Was als friedlicher Protest begann, artete bald in Gewalt aus, mit Demonstranten, die Gegenstände auf die Polizisten zu werfen begannen. Die Uniformierten antworteten mit Tränengas, Handgemenge brachen aus. In Phoenix, Arizona, gingen Menschen mit Spruchbannern wie «Schweigen ist Gewalt» und «Schwarzsein sollte kein Todesurteil sein» auf die Strassen. Die Polizei in Louisville, Kentucky, warnte am späten Freitag, die Lage drohe komplett zu eskalieren. (kes)