In London hat am Dienstagabend offiziell der Nato-Jubiläumsgipfel im Buckingham Palace begonnen. Trotz dem 70-Jahr-Jubiläum scheinen die Mitglieder sich aber uneinig wie nie zu sein. Dem Gipfeltreffen ging ein heftiger Schlagabtausch zwischen US-Präsident Donald Trump und dem französischen Staatschef Emmanuel Macron voraus.
Während des Empfangs im königlichen Palast kam es dann zu einer kuriosen Szene: Wie eine Schulhof-Clique stehen die Regierungschefs von Kanada, Frankreich und Grossbritannien zusammen und lästern – ein Video davon geht inzwischen viral. Zwar ist der Name Donald Trump darin nicht zu hören, es ist aber offensichtlich, dass es um ihn geht.
«Bist du deswegen zu spät gekommen?»
Der US-Präsident war zuvor in einer 45-minütigen Pressekonferenz vor laufenden Kameras mit Frankreichs Präsident aneinandergeraten. Bei der Tratschrunde spricht der britische Premierminister Boris Johnson den französischen Präsidenten Macron darauf an. «Bist du deswegen zu spät gekommen», fragt der ihn. Der kanadische Premierminister Trudeau legt nach, sagt Macron sei zu spät dran, weil er nicht auf eine so lange Pressekonferenz vorbereitet war.
Dann springt das Video zu einem späteren Zeitpunkt der Gesprächsrunde, in dem Trudeau hinzufügt: «Seinen Teammitgliedern sind die Kinnladen runtergefallen.» Dazu macht er eine Bewegung, als würde ihm selbst der Kiefer runterfallen. Auch der niederländische Regierungschef Mark Rutte und die Tochter von Queen Elizabeth II., Prinzessin Anne, beteiligten sich an der Unterhaltung.
Trump selber hat auf die Läster-Attacke bereits reagiert. Ein Journalist fragte ihn nämlich, ob er das Video gesehen habe, in dem der kanadische Premierminister Trudeau über ihn geredet hat. Trump sagte daraufhin, dass Trudeau heuchlerisch sei. Er sei aber ein sehr netter Kerl. Der US-Präsident geht davon aus, dass Trudeau wohl nicht ganz glücklich darüber war, dass er ihn wegen zu niedriger Rüstungsausgaben kritisiert habe. Trotz der vergleichsweise milden Worte, sagte Trump die Teilnahme an der Abschluss-Pressekonferenz ab.
Uneinigkeit in der Nato
Bei der Nato herrscht momentan Uneinigkeit. Im Mittelpunkt dabei steht eine Aussage von Präsident Macron, der der Nato Anfang November den Hirntod bescheinigt hatte. Er begründete das unter anderem mit dem aggressiven Vorgehen des Nato-Mitglieds Türkei in Nordsyrien und dem nicht abgestimmten Abzug der US-Truppen aus der Region.
Dafür kassierte er von Trump am Dienstag harsche Kritik. Macrons Aussage sei sehr beleidigend und sehr, sehr bösartig, sagte der US-Präsident. Gleichzeitig nahm Trump Recep Tayyip Erdogan in Schutz – lobte ihn sogar. Kurz vor Beginn des Nato-Gipfels nahm Trump auch noch Angela Merkel ins Visier und kritisierte wieder einmal die Verteidigungsausgaben von Deutschland.
«Die Nato muss sich verändern»
Ein grosses Thema am Nato-Gipfel ist die Lage in Nordsyrien. Dafür trafen sich am Dienstagnachmittag Macron und Merkel gemeinsam mit dem britischen Premier Johnson und dem türkischen Präsidenten Erdogan. Wirklich einig war man sich dabei aber nur über die Fortsetzung des Kampfes gegen den IS.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg spielte die Differenzen im Bündnis herunter. Die Nato sei bereits agil und aktiv, aber: «Die Nato muss sich verändern.» Er lenkte die Aufmerksamkeit dann schnell auf mögliche neue Gefahren von aussen – verwies auf die hohen Verteidigungsausgaben Chinas. (bra/sda)