Am Dienstag wollen Retter im andalusischen Totalán zu Julen (2) vordringen. Ob sie den Bub, der seit einer Woche im 100 Meter tiefen Schacht feststeckt, lebend finden, ist ungewiss.
Der spanische Architekt Jesús Flores Vila kritisiert die Vorgehensweise der Retter scharf. «Was da in Totalán passiert, ist ein absolutes Chaos. Ich war persönlich an der Unglücksstelle und habe mit ranghohen Helfern gesprochen, die mir gesagt haben, dass sie sehen, dass die Dinge falsch laufen», sagt Vila im Interview mit N-TV.
«Tage wurden vergeudet»
So wurde zunächst ein zu kurzer Bohrer eingesetzt. Dann habe man mit der Aushebung der Plattform begonnen. Doch auch diese befand sich im Endeffekt nicht weit genug unterhalb des Eingangs. Deswegen musste schliesslich ein 80 Meter langer Bohrer her, der aber erst am Freitag geliefert wurde. «Den hätte man schon vor einer Woche anfordern und ranschaffen müssen», sagt er. So seien nicht Stunden, sondern Tage vergeudet worden. Wäre alles professionell abgelaufen, hätte der Zweijährige innerhalb von zwei bis drei Tagen gerettet werden können, ist der Architekt überzeugt.
«Da sind Leute am Werk, die keine Ahnung haben, was sie tun», sagt Vila. So soll der Leiter der Bergungsarbeiten, Ángel García Vidal, keine praktischen Erfahrungen haben und darum nicht in der Lage sein, schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Verantwortlichen seien schlichtweg überfordert. «Die können jetzt eine ganze Autobahn bauen mit dem, was die alles angeschleppt haben. Aber das taugt nicht für einen schnellen Notfall», sagt Vila.
Vidal selbst betonte immer, dass die Lage und die geologischen Gegebenheiten die Arbeiten erschweren. «Unser ganzes Team kämpft und arbeitet mit all seiner Kraft und Mühe, und wir sind voller Motivation», sagt er.
«Irgendjemand wird sich dafür verantworten müssen»
Am Montagabend wurde der horizontale 60-Meter-Tunnel fertig gegraben. In der Nacht konnte der Bau Berichten zufolge gesichert werden.
Am Dienstag werden die Retter in einem Käfig abgeseilt. Von dort sollen sie von Hand einen horizontalen Tunnel bis in den Schacht graben, in den das Kind gestürzt ist. Zwischen 12 und 14 Uhr soll das bange Warten ein Ende haben.
Jesús Flores Vila ist alles andere als zuversichtlich, er glaubt, Julen sei längst tot. «Irgendjemand wird sich dafür verantworten müssen, wenn eine Obduktion ergeben sollte, dass er am Mittwoch noch gelebt hat.» (man)