Epstein wurde am Samstagmorgen um 6.30 Uhr leblos in seiner Zelle gefunden. Erhängt, wie ein Polizist der «New York Times» anvertraute.
In seltener Einmütigkeit konnten und wollten Amerikas politische Beobachter diesen Vorgang nicht glauben: Epstein war vor knapp drei Wochen schon einmal bewusstlos gefunden worden, mit Malen am Hals. Er wurde unter «Suizid-Wache» gestellt – die aber seltsamerweise am 29. Juli schon wieder beendet wurde. Und nun das? Justizminister William Barr verkündete, Epsteins Tod werfe «viele ernste Fragen auf», die es zu klären gelte. Was Politik und Presse nur noch mehr erbittert, denn Barr ist letztlich verantwortlich für diesen Knast.
«Einfach zu praktisch»
Senator Ben Sasse, immerhin republikanischer Parteikollege, schrieb dem Justizminister, es sei «unentschuldbar», dass Epstein nicht rund um die Uhr überwacht wurde: «Seine Opfer hätten es verdient gehabt, ihren Peiniger vor Gericht zu konfrontieren.» Dem Hedgefonds-Manager werden schreckliche Dinge vorgeworfen: Dutzendfach soll er minderjährige Mädchen vergewaltigt und sie anderen mächtigen Männern als Opfer zugehalten haben.
Berüchtigt war sein Privatjet mit dem Übernamen Lolita Express, der junge Frauen und Mädchen zu seinen Villen brachte. Mindestens ein Fluggast ist bekannt: Ex-Präsident Bill Clinton – der aber festhält, er sei nie mit Epstein allein geflogen, sondern stets mit Mitarbeitern der Clinton-Stiftung. Am Freitag wurde zudem ein Stapel von neuen Dokumenten vorgelegt, die zeigen sollen, wie Epstein und seine Sekretärin junge Frauen zum Sex mit Politikern zwangen.
All dies wäre vor Gericht ausgewalzt worden. Zudem wohl noch der Fall jener Frau, die sagt, als 13-jährige «Epstein-Lolita» von einem weiteren Kumpel des Beschuldigten vergewaltigt worden zu sein – von Donald Trump nämlich, dem heutigen US-Präsidenten. Doch jetzt ist Epstein tot. Und es ist fraglich, ob die FBI-Ermittlungen gegen ihn je in einen Gerichtssaal finden.
«Einfach zu praktisch» sei das alles für Epsteins Komplizen, twitterte New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio über den Selbstmord. Er sprach damit für viele: Selbst Reporter, die sich sonst hüten, Verschwörungstheorien nachzuhängen, sprachen vielsagend von einem «angeblichen» Selbstmord. Zumindest ein kolossales Versagen der Behörden sei unbestreitbar.
Nur einer hatte wie üblich keine Hemmungen, krude Thesen aufzustellen: Donald Trump verbreitete Tweets, in denen die Clintons direkt beschuldigt werden, Epstein ermordet zu haben. Das immerhin macht jedoch niemanden mehr sprachlos.