Auf einen Blick
- Eltern dürfen Enkel mit Sperma des verstorbenen Sohnes zeugen
- Gerichtsurteil erlaubt posthume Reproduktion in Indien
- Prozess dauerte vier Jahre, Eltern überglücklich
«Wir haben unseren Sohn verloren. Aber das Gericht hat uns ein sehr wertvolles Geschenk gemacht. Wir können unseren Sohn jetzt zurückbekommen», sagt Harbir Kaur aus Delhi zur BBC. Sie und ihr Mann, Gurvinder Singh, haben den Prozess gegen ein Spital gewonnen, das das Sperma ihres verstorbenen Sohnes aufbewahrt hatte.
Preet Singh, der Sohn des Paares, bekam im Alter von 30 Jahren die Diagnose Krebs. «Bevor er mit der Chemotherapie begann, riet ihm das Spital, sein Sperma aufzubewahren, da die Behandlung die Qualität seiner Spermien beeinträchtigen könnte», erklärt sein Vater. Die Probe wurde am 27. Juni 2020 eingefroren. Drei Monate später war Singh bereits tot. Zu schwer hatte der Krebs in seinem Körper gewütet.
Sperma soll in der Familie bleiben
Als die trauernden Eltern einige Monate später Zugang zum gefrorenen Sperma ihres Sohnes verlangten, lehnte das Spital ihren Antrag ab. Das Paar wandte sich daraufhin an das Oberste Gericht von Delhi. Sie erklärten, dass sie mit dem Sperma ihres Sohnes ein Kind zeugen und ihren Enkel grossziehen wollen. Und im Falle ihres Todes würden sich ihre Töchter um das Kind kümmern.
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Vier Jahre dauerte der Prozess. Am Ende bekam das Paar Recht. Es gäbe «kein Verbot der posthumen Reproduktion», heisst es im Urteil. Darum dürften die Eltern mit dem Sperma ihres Sohnes auch einen Enkel zeugen. Sie wollen sich dafür eine Leihmutter suchen. Möglicherweise werde sogar eine ihrer Töchter sich dafür zur Verfügung stellen, so die Eltern. «Dann werden wir das Sperma in der Familie behalten», so die Mutter Harbir Kaur zur BBC.
Sie ist überglücklich über das Urteil. Kaur: «Ich habe jeden Tag gebetet, dass alle unerfüllten Wünsche meines Kindes erfüllt werden. Es hat vier Jahre gedauert, aber meine Gebete wurden erhört.»
Unterschiedliche Bestimmungen auf der Welt
Die Geschichte klingt kurios, ist aber kein Einzelfall. Im Jahr 2018 bekam eine Frau mithilfe einer Leihmutter zwei Enkel, in dem sie das eingefrorene Sperma ihres Sohnes nutzte. Der an Krebs erkrankte Mann hatte zu Lebzeiten seiner Mutter und Schwester die Erlaubnis erteilt, seinen Samen nach seinem Tod zu verwenden, woraufhin das Spital ihnen seine Probe übergab.
Die USA, Grossbritannien, Japan, die Tschechische Republik und einige andere Länder erlauben die posthume Reproduktion mit schriftlicher Zustimmung.
In zahlreichen Ländern wie Italien, Schweden, der Schweiz, Frankreich, Malaysia, Pakistan, Ungarn und Slowenien ist diese Praxis verboten, während es in den meisten südasiatischen Nachbarländern Indiens – Sri Lanka, Nepal, Bhutan und Bangladesch – keinerlei Richtlinien gibt.