Fortaleza ist ein tückisches Paradies. Die fünftgrösste Stadt Brasiliens bietet 36 Kilometer Traumstrand, Korallenriffe, türkisfarbenes Meer – und schöne Frauen. Besonders für alleinstehende Schweizer Rentner ist es ein Sehnsuchtsziel. Doch die 2,7-Millionen-Stadt zählt auch zu den gefährlichsten und kriminellsten Orten des Landes.
Auch Peter M.* (†79) lockte die brasilianische Dolce Vita. Vor 16 Jahren packte der ehemalige Gemeinderat von Caslano TI seine Koffer und kehrte dem Tessin den Rücken. Er wollte seinen Ruhestand geniessen. Doch der gebürtige Deutschschweizer lernte auch die finstere Seite der brasilianischen Küstenstadt kennen.
Obduktion wird genaue Todesursache klären
In der Nacht auf den 3. Dezember 2020 wird Peter M. Opfer eines grausamen Verbrechens. Noch am Abend speist der pensionierte Gärtner im Restaurant Satelite in Begleitung von zwei Personen. Es wird sein letztes Abendessen. Was danach geschah, versucht die brasilianische Kriminalpolizei nun zu rekonstruieren.
Peter M. kehrt offenbar nach dem Restaurantbesuch heim in seine Eigentumswohnung. Sie befindet sich im 13. Stock eines Hochhauses. Als die Putzfrau am nächsten Morgen klingelt, meldet sich M. nicht. Sie ruft den Hauswart. Dieser alarmiert schliesslich die Polizei.
Die Beamten brechen die Wohnungstür auf. Sie finden Peter M. auf dem Boden liegend. Das Gesicht nach unten gedreht. Hände und Füsse sind gefesselt. Ein Knebel steckt im Mund. Über den Kopf haben die Täter eine Plastiktüte gezogen. Es gibt kein Anzeichen von weiterer Gewaltanwendung. Peter M. dürfte am Knebel erstickt sein, so die ersten Ermittlungen. Eine Obduktion wird die Todesursache klären, heisst es von Seiten der brasilianischen Mordkommission.
Damenbesuch aus dem Prostitutionsmilieu
Peter M. habe oft Damenbesuch gehabt, sagen Nachbarn. Man habe auch schon mal Streit gehört. Die Polizei vermutet eine Verbindung ins Prostitutionsmilieu. Die Frau, die zuletzt bei ihm gesehen wurde, ist nun tatverdächtig. Die Polizei fahndet nach ihr. Währenddessen trauert die Familie im Tessin. «Ich habe meinen Vater noch die Woche zuvor über Skype gesprochen», sagt seine Tochter, «er war so gut gelaunt und freute sich, endlich wieder auszugehen, nach zwei Monaten Lockdown.»
Der Tod von Peter M. schockiert auch die Tessiner Gemeinde. «Wir können uns gut an ihn erinnern», sagt Gemeindepräsident Emilio Taiana, «Peter war von 1976 bis 1984 für die FDP im Municipio. Er wechselte zur Lega und trat nochmals von 1992 bis 1996 an.» Dann gab er die Politik auf, verkaufte sein Gartenbau-Unternehmen und zog endgültig nach Brasilien.
*Name geändert