Die Ukraine hat bei ihrer Offensive im Süden des Landes nach eigenen Angaben einen wichtigen militärischen Erfolg erzielt. Die Armee habe in der Region Saporischschja die erste Verteidigungslinie der Russen durchbrochen, sagte der ukrainische General Oleksandr Tarnawskij am Wochenende dem britischen «Guardian». «Wir befinden uns jetzt zwischen der ersten und zweiten Verteidigungslinie.»
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Die ukrainische Armee schliesse jetzt «die Zerstörung der feindlichen Einheiten ab, die den russischen Truppen Deckung für den Rückzug hinter ihre zweite Verteidigungslinie bieten», berichtete der General.
Telefonanrufe abgehört
Das ukrainische Verteidigungsministerium veröffentlicht abgehörte Telefonanrufe russischer Truppen. So soll ein Soldat seiner Freundin die Situation einer eigenen Truppe wie folgt geschildert haben:
«Hast du gehört, was mit der 27. Brigade passiert ist?»
«Nein, was ist passiert?»
«Das Problem ist, dass sie verdammt noch mal zerstückelt wurden»
«Meinst du alle?»
«Ja, alle unsere Leute wurden abgeschlachtet.»
Der Soldat behauptet dann laut «Kiew Post», das Massaker habe stattgefunden, weil die Einheit «viel zu entspannt» gewesen sei und vor einer erwarteten Ablösung von der Front getrunken habe.
Ein weiterer Soldat berichtet seinem Kollegen Dennis von sechs Toten. Fünf von ihnen seien «ihre Jungs» gewesen. Er beschreibt die Situation als «einfach beschissen» und behauptet, «das ganze Regiment wird zurückgeschickt». Die Telefonate konnten nicht unabhängig überprüft werden.
«Der Feind zieht Reserven ab»
Derweil geht die ukrainische Offensive weiter. Am Montag hatte die ukrainische Armee bereits die Rückeroberung des Dorfes Robotyne verkündet. Stark vermintes Gebiet habe das Vorrücken der ukrainischen Truppen verlangsamt, sagte Tarnawskij. Soldaten hätten nachts zu Fuss Meter für Meter einen Korridor freigeräumt. Die russischen Soldaten hätten «einfach nur dagestanden und auf die ukrainische Armee gewartet». Die ukrainischen Truppen rückten nun mit Panzern und anderen Militärfahrzeugen weiter vor, sagte der General.
Russland verlegte nach Angaben Tarnawskijs inzwischen weitere Truppen in die Region. «Der Feind zieht Reserven ab, nicht nur aus der Ukraine, sondern auch aus Russland», sagte der General, unter dessen Kommando die Ukraine bereits die Stadt Cherson zurückerobert hatte. «Aber früher oder später werden den Russen die besten Soldaten ausgehen.»
Truppen rücken weiter vor
Nach dem Beginn ihrer Gegenoffensive im Juni waren die ukrainischen Streitkräfte im Süden und Osten des Landes nur langsam vorangekommen. Tarnawskij sagte dem «Guardian», die Armee habe «mehr Zeit als erwartet» für die Minenräumung benötigt. Auch die Evakuierung der Verwundeten sei «schwierig» gewesen.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski verteidigte am Samstag die Gegenoffensive gegen die Kritik, sie komme zu langsam voran. Die Truppen rückten weiter vor, «und das ist das Wichtigste», schrieb er im Onlinedienst Telegram. «Wir sind auf dem Vormarsch.» (AFP/jl)