Urtikaria, auch Nesselfieber oder Nesselsucht genannt, kann eine Nebenwirkung der Booster-Impfung sein. Dies meldete das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic am Mittwoch. Bis dahin seien 315 entsprechende Meldungen evaluiert worden. Doch nun scheinen die Fallzahlen rasant zu steigen. «Seit den Medienberichten sind über 200 weitere Meldungen eingegangen. Diese müssen nun allerdings noch geprüft werden», sagt Swissmedic auf eine Blick-Anfrage.
Einer der Betroffenen ist Blick-Leser Mario F.* (33). «Ich musste ca. 2 Wochen Kortison nehmen und benötige noch immer Antihistaminika», sagt F. Seine Symptome würden schon über fünf Wochen andauern, nun sei er an einen Spezialisten verwiesen worden.
«Juckreiz beeinträchtigt Lebensqualität stark»
«Der Juckreiz ist am heftigsten und beeinträchtigt die Lebensqualität stark, aber auch die roten Flecken vom Ausschlag sind im Alltag eine Belastung», sagt Mario F. weiter. «In der Nacht kann ich manchmal stundenweise nicht schlafen, bis ich Off-Label Antihistaminika nachwerfe.»
Seine Symptome seien zwei Wochen nach der dritten Impfung aufgetreten, sagt der 33-Jährige. Von Ärzten werde er nicht ernst genommen, wenn er die Impfung als mögliche Ursache angebe.
In der Schweiz vermehrt nach Booster-Impfung mit Moderna
Swissmedic sagt, dass die gemeldeten Fälle im Verhältnis zu den verabreichten Boosterdosen sehr selten seien. Ein Underreporting – nicht gemeldete Fälle – könne nicht ausgeschlossen werden. Urtikaria sei als mögliche Nebenwirkung der Impfstoffe schon länger bekannt. Speziell sei aber, dass die Meldungen in der Schweiz vermehrt nach den Booster-Imfpungen auftreten, sagt Swissmedic. Und, dass sie eher nach einer Impfung mit dem Moderna-Impfstoff Spikevax gemeldet werden.
Einige der Meldungen würden zudem auf verzögert auftretende Reaktionen an verschiedenen Körperstellen hindeuten, die erst einige Tage oder zwei Wochen nach der Impfung beginnen und dann teilweise wiederholt auftreten würden. Aktuell würden noch nicht genügend Informationen vorliegen, um die Nebenwirkung in Bezug auf deren Dauer, klinische Formen oder Intensität abschliessend zu beurteilen, sagt die Behörde.
Über 12'000 Meldungen zu Nebenwirkungen ausgewertet
Bis vergangenen Dienstag hat Swissmedic, inklusive Nesselsucht, insgesamt 12'334 Meldungen über Nebenwirkungen der Corona-Impfungen ausgewertet. In 62 Prozent der Fälle stuften die Meldenden die Symptome als nicht schwerwiegend ein, in 38 Prozent als schwerwiegend.
48,7 Prozent der Meldungen stammen von Personen in Gesundheitsberufen. Diese sind gesetzlich verpflichtet, schwerwiegende Nebenwirkungen zu melden. In 51,1 Prozent der Fälle wandten sich direkt betroffene Patientinnen und Patienten oder Angehörige an das Heilmittelinstitut.
Fieber, Kopfschmerzen, Müdigkeit
Bei den Meldungen über schwerwiegende Nebenwirkungen liegt das mittlere Alter der Betroffenen den Angaben vom Freitag zufolge bei 54 Jahren. Am häufigsten wurde über Fieber, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schüttelfrost, Übelkeit und Schwindelgefühl berichtet. Diese Reaktionen überwiegen auch bei den nicht-schwerwiegenden Fällen.
In 199 der schwerwiegenden Fälle sind Personen in unterschiedlichem zeitlichen Abstand zur Impfung gestorben, wie Swissmedic berichtete. In allen Fällen gebe es aber andere, wahrscheinlichere Todesursachen - trotz der zeitlichen Assoziation. Bis im Januar waren 192 derartige Fälle registriert worden.
*Name geändert