Soldaten verhindern Verhaftung von Südkoreas «Kriegsrechts»-Präsident Yoon Suk Yeol – suspendierter Staatschef verbarrikadiert sich seit einem Monat
Showdown in Seoul

Ermittler drangen in die Residenz von Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol ein, um den abgesetzten Staatschef zu verhaften. Dies, weil vor einem Monat kurzfristig das Kriegsrecht ausrief. Die Festnahme gelang abermals nicht. Soldaten stellten sich in den Weg.
Publiziert: 03.01.2025 um 02:07 Uhr
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Aktualisiert: 03.01.2025 um 07:28 Uhr
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Die abgeschottete Residenz des angeklagten südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol in Seoul – hier verbarrikadierte sich Yoon seit seiner kurzfristigen Ausrufung des Kriegsrechts vor einem Monat.
Foto: AFP

Auf einen Blick

  • Südkoreas Präsident Yoon verbarrikadiert sich seit einem Monat in seiner Residenz
  • Ermittler versuchten, Haftbefehl gegen Yoon zu vollstrecken, werden aber vom Militär gehindert
  • 120 Polizeibeamte und 30 Ermittler konnten das Wohngebäude nicht betreten, über 2700 Uniformierte im Einsatz
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Südkorea bietet seit der kurzen Ausrufung des Kriegsrechts im Dezember durch Präsident Yoon Suk Yeol (63) reichlich politisches Drama. Seit einem Monat verbarrikadiert sich der Präsident in seiner Residenz und hält Politik, Justiz und Nation zum Narren. Yoon stürzte das Land in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten. Am Freitagmorgen sollten endlich die Handschellen klicken. Dem war – zunächst – wieder nicht so.

Nach der Ankunft von Ermittlern in der Residenz des suspendierten Staatschefs seien diese von einer Armeeeinheit an der Vollstreckung des Haftbefehls gehindert worden. Das berichtet die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Die Einheit, die auch als Geheimdienst bezeichnet wird, habe den Haftbefehl als «widerrechtlich» bezeichnet.

Showdown nach fünf Stunden abgebrochen

«Ermittler versuchen, Yoon nach Pattsituation mit Militäreinheit im Präsidentenpalast festzunehmen», meldet Yonhap. Rund 30 Ermittler und 120 Polizeibeamte seien von einer «Militäreinheit, die vermutlich zum Hauptstadtverteidigungskommando gehört, daran gehindert worden, das Wohngebäude zu betreten». Insgesamt stehen laut Yonhap 2700 Polizisten im Einsatz.

Nach zwei Stunden dauerte der Showdown noch immer an, über dem Gebiet kreisten Helikopter. «Die Staatsanwälte und Ermittler des Korruptionsermittlungsbüros haben die erste und zweite Absperrung passiert und stehen dem Geheimdienst vor dem Amtssitz gegenüber», meldete Yonhap.

Nach fünf Stunden gaben die Vollzugsbeamten den Versuch, Yoon zu verhaften, auf und unverrichteter Dinge ab. 

Geht Katz-und-Maus-Spiel weiter?

Yoon hatte am 3. Dezember kurz vor Mitternacht aus heiterem Himmel zur Verblüffung seiner perplexen Nation das Militärrecht ausgerufen. Zweieinhalb Stunden später hoben Abgeordnete den Staatsnotstand wieder auf. Südkoreas Währung und Finanzmarkt taumelten.

Seither schottete sich Yoon hinter seinem Sicherheitskordon in seiner Präsidentenresidenz ab. Er ignorierte drei Vorladungen der Strafverfolger, ein eingeleitetes Amtsenthebungsverfahren und einen Haftbefehl, den die Behörden jetzt mit Gewalt auszuführen versuchten.

Das Parlament hatte Mitte Dezember für die Absetzung des Präsidenten gestimmt, der seitdem von seinem Amt suspendiert ist.

«Illegal und ungültig»

Seit dem Neujahrstag beschützten Dutzende von hartnäckigen Anhängern die Residenz von Yoon, der als erster Präsident in der Geschichte des Landes per Haftbefehl ausgeschrieben ist und diesen als «illegal und ungültig» bezeichnet. Leibwächter des Präsidenten haben auch Razzien der Ermittler im Präsidentenbüro verhindert.

Der Haftbefehl wegen Aufruhrs und Machtmissbrauchs wäre noch bis Montag gültig. Über eine endgültige Amtsenthebung entscheidet letztendlich das Verfassungsgericht.

Ein Verhaftungsbesuch am Donnerstag scheiterte. Eine Sitzblockade von Yoon-Unterstützern seit dem Neujahrstag verkomplizierte die Polizeioperation. Männer und Frauen mussten einzeln weggetragen werden. Die Uniformierten gaben auf.

Nation als Geisel

Am Freitagmorgen marschierten wieder Dutzende von südkoreanischen Ermittlern und Polizisten vor der Residenz auf. Diesmal liessen sie sich nicht aufhalten, drangen in die Residenz ein und der Haftbefehl werde vollzogen, verkündete das Amt für Korruptionsermittlungen gegen hochrangige Beamte (CIO) in einer kurzen Medienmitteilung. «Wir haben mit der Vollstreckung des Haftbefehls gegen Präsident Yoon begonnen».

Dies genau einen Monat nach den rund zweieinhalb Stunden Kriegsrecht, die Südkorea in politisches Chaos stürzten. Yoon hält die Nation seither als Geisel.

Die Ausrufung des Kriegsrechts begründete er mit «staatsfeindlichen Kräften» und der Bedrohung durch Nordkorea. Es wurde jedoch bald klar, dass nicht äussere Bedrohungen der Auslöser waren, sondern seine eigenen verzweifelten politischen Probleme.

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