Hier befreien die Täter den Häftling aus dem Transporter
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Neues Video zeigt Überfall:Hier befreien die Täter den Häftling aus dem Transporter

So wurde aus ihm «die Fliege»
Die dicke Strafakte von Mohammed A.

Der tödliche Angriff auf einen Gefangenentransporter schreckte Europa auf. Wie schaffte es ein berüchtigter Krimineller, unter dem Radar seine Flucht zu planen? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Mohammed A. bekam nicht umsonst den Spitznamen «die Fliege».
Publiziert: 16.05.2024 um 14:46 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2024 um 16:54 Uhr
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Mohammed A. ist gefährlich. Er sollte in ein anderes Gefängnis in Frankreich gebracht werden.
Foto: keystone-sda.ch
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Janine EnderliRedaktorin News

Die Aufnahmen der Überwachungskamera lassen nur erahnen, welches Blutbad sich am Dienstag an der französischen Mautstelle Incarville ereignet hat. Unbekannte Täter attackierten am Dienstag aus dem Nichts einen Gefangenentransporter. In mehreren Sequenzen ist zu sehen, wie die Gangster mit zwei Autos den Wagen rammen, den Transporter stürmen und anschliessend den berüchtigten Drogenhändler und Straftäter Mohammed A.* (30) befreien. Zum Schluss erschiessen die Angreifer zwei Gefängnismitarbeiter.

Die Täter – inklusive Mohammed A. – sind immer noch auf der Flucht. Derzeit fahndet die internationale Strafverfolgungsbehörde Interpol nach dem 30-Jährigen mit Spitznamen «die Fliege». Was klar ist: Die Tat vom Dienstag erforderte extreme Entschlossenheit und minuziöse Vorbereitung. Wie die französische Zeitung «Le Monde» aus verschiedenen Polizeiquellen erfuhr, war A. in Frankreich jedoch lange Zeit nicht als «grosser Fisch» bekannt, wurde im Justizmilieu eher als «Mittelfeldspieler und Opportunist» beschrieben. Lief der 30-Jährige also die ganze Zeit unter dem Radar der französischen Justiz?

Entführungen und Mordfälle

In den letzten Jahren häufte A. eine dicke Strafakte an. Diverse Verkehrs-, Drogen und Waffenverstösse werden dem Franzosen zur Last gelegt. A. hat deshalb schon mehrere Haftstrafen hinter sich. Doch er war auch schon wegen Mittäterschaft in einem Tötungsdelikt angeklagt.

Im Sommer 2022 wurde im Raum Marseille die verkohlte Leiche eines Mannes gefunden. A. wurden «Mittäterschaft bei der Entführung und Beschlagnahmung sowie Mittäterschaft bei der Ermordung der Person» vorgeworfen. Der Franzose sass zum Zeitpunkt der Tat jedoch wegen eines anderen Falls hinter Gitter. 

Verteilte A. aus seiner Zelle weiter Aufträge?

Ermittlungen ergaben, dass A. hinter den Gefängnismauern weiterhin über eine im Namen seiner Schwester eingerichtete Telefonleitung kommunizierte und seine «Männer» ihn im Gefängnis mit Lebensmitteln, Tabak und Drogen versorgten. Die Drogen vertickte A. als Grosshändler weiter, hatte mehrere Kontakte zu verschiedenen Händlern im Raum Marseille. Ein internes Dokument, das «Le Monde» vorliegt, zeigt: Selbst in seiner Zelle wies er Komplizen dazu an, «Diebstähle, Erpressungen oder sogar Entführungen zu begehen, die von seiner Zelle aus mittels verschlüsselter Nachrichtenübermittlung durchgeführt wurden».

Die Ermittler vermuten insbesondere, dass er hinter einer Entführung und Erpressung Anfang 2023 steckt. Damals wurde ein junger Mann von Unbekannten als Geisel genommen und gegen ein Lösegeld von 100'000 Euro freigelassen. 

Wie die Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau am Dienstagabend in einer Pressekonferenz bestätigte, wurde A. zuletzt wegen schweren Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Am Dienstag sollte er in ein anderes Gefängnis verlegt werden.

Macron will Täter bestrafen

Beim Angriff wurden drei weitere Beamte schwer verletzt – einer von ihnen schwebte am Dienstagabend noch immer in Lebensgefahr. Zu den Komplizen von A. ist noch nicht viel bekannt: Sie waren vermummt und flüchteten vermutlich in zwei Fahrzeugen, einem schwarzen BMW und einem weissen Audi, die verbrannt in Houetteville und Gauville gefunden wurden. 

Derweil läuft die Suche nach den Flüchtigen auf Hochtouren weiter. Präsident Emmanuel Macron (46) versprach, «alles zu tun, um die Täter dieses abscheulichen Verbrechens zu finden und zu bestrafen».

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