Zum Zmittag im Zug einen kleinen Salat und ein Rüebli, dazu ein Stück Brot und ein gekochtes Ei. Was in unseren Breitengraden ohne weiteres als vernünftiges Zmittag durchgeht, sorgt auf chinesischen Social-Media-Kanälen für Spott.
Dort verbreiten sich derzeit Videos von europäischen Mittagessen, meist begleitet von hämischen Kommentaren. Bemerkungen wie «mit dem absoluten Minimum an Aufwand und ohne Liebe zubereitet», «Sowas isst kein Hase» oder «Wer isst sowas freiwillig?» hagelt es unter den Videos und Bildern.
Mittlerweile gibt es für den Trend in China sogar einen eigenen Begriff. Ob Salat, Sandwich oder Früchte: Unter die Kategorie «White People's Lunch» fallen Gerichte, die einfach, schnell und manchmal auch roh zubereitet werden – praktisch, wenn man nur wenig Zeit hat und sich gesund ernähren will.
Schweizerin wegen Salat verspottet
Auch die Schweiz hat ihren Auftritt: Ein Video auf der chinesischen Plattform xiaohongshu zeigt eine Frau in einem SBB-Zug, die sich aus einem Kopfsalat und ein wenig Senf ein Essen zubereitet. Dazu schreibt die chinesische Nutzerin: «Die Schweizer schockieren mich immer wieder aufs Neue ...». Das Video, das «The Guardian» aufstöberte, hat schon über 100 Kommentare.
Viele chinesische User erzählen in den Kommentaren von den eigenen Kulturschocks: «Immerhin nimmt sie Senf. Mein weisser Arbeitskollege hat letztens Radieschen einfach roh gegessen!» Sogar als «Folter» werden die Mahlzeiten beschimpft.
Mehr zu asiatischem Essen
Ein anderer User probiert, das System vom «White People's Lunch» mit Sarkasmus zu erklären. «Einige essen am Mittag nur rohe Gurken oder Nektarinen. Da wechseln sie dann ab – Montag, Mittwoch und Freitag gibt es Gurken, Dienstag und Donnerstag Nektarinen. Wenn man ganz luxuriös sein will, kann man es auch kombinieren: Gurken UND Nektarinen!» Andere Nutzenden fragen sich dabei nach dem Sinn des Lebens.
Auch positive Reaktionen
Laut dem Experten Marcelo Wang komme die Faszination für solches Essen daher, dass man in China oft mit vielen verschiedenen Zutaten kocht. Das sagt er gegenüber dem «Guardian». So komme es zum Kulturschock.
Die «weisse» Esskultur sorgt aber nicht nur für Unverständnis. Einige Nutzer loben die kleinen Snacks sogar: «Das ist definitiv gesünder als unsere Bowls mit gebratenem Reis oder Nudeln». Eine Nutzerin will die Salate sogar in ihren eigenen Diätplan einbringen: «So lässt sich bestimmt gut abnehmen». (jl)