Eigentlich sollte es eine spannende Expedition zum Schiffswrack der 1912 gesunkenen Titanic werden. Doch für die fünfköpfige Besatzung im U-Boot Titan ist das Erlebnis inzwischen alles andere als gemütlich. Nach nur einer Stunde und 45 Minuten ist die Verbindung zur Aussenwelt abgebrochen – seither herrscht Funkstille.
David Pogue (60), ein amerikanischer Journalist, hat einen solchen Horror schon einmal erlebt. Drei Stunden lang sass er in einem U-Boot von Ocean Gate fest. Das berichtet «Daily Mail».
Schockierende Einverständniserklärung
Letztes Jahr stach ein Tauchboot der Ocean Gate in die See – mit an Bord: David Pogue. Von Anfang an habe er ein mulmiges Gefühl gehabt. Es sei ihm irgendwie improvisiert vorgekommen: «Man steuert dieses U-Boot mit einem XBox-Controller, und ein Teil des Ballasts besteht aus alten Konstruktionsrohren», wie Pogue der Zeitung erzählt.
Doch nicht nur die kuriose Ausstattung bereitete dem Amerikaner Sorgen. Denn vor dem Tauchgang gabs ordentlich was zu lesen – und zu unterzeichnen. Was darin geschrieben stand? «Dieses Versuchsschiff wurde von keiner Aufsichtsbehörde genehmigt oder zertifiziert und könnte zu körperlichen Verletzungen, emotionalen Traumata oder zum Tod führen», schildert Pogue. In einem TV-Beitrag des US-Senders CBS, der in diesen Tagen fleissig in den sozialen Medien geteilt wird, reagiert Pogue auf das Schriftwerk sarkastisch. «Wo muss ich unterschreiben?», fragt er.
Allerdings soll ihm von CEO Stockton Rush versichert worden sein, dass die Konstruktion grundsolide sei. Dieser kommt in dem erwähnten TV-Beitrag ebenfalls zu Wort. «Wir haben nur einen Knopf», sagt Rush. «Es sollte wie ein Fahrstuhl sein», ergänzt er.
«Sie müssen an die Oberfläche oder sie sterben»
Für die fünf Insassen des Ocean Gate-U-Boots könnte es nun eng werden. Der Sauerstoff im U-Boot reicht noch für 40 Stunden. Den Rettungskräften bleibt bis Donnerstag Zeit, das Schiff zu bergen. Laut Pogue ist die Hauptkapsel des Unterwasserboots von aussen mit mehreren Bolzen versiegelt. Ohne Hilfe von aussen könne da niemand herauskommen.
Zwar soll es mehrere Funktionen geben, um an die Oberfläche zurückzukehren, doch wenn es sich bei der Unglücksursache um ein Leck oder ähnliches handelt, würden diese nicht mehr gehen. «Es gibt keinen Plan B, kein Rettungsboot.» Pogue: «Sie müssen zurück an die Oberfläche oder sie sterben.»
Beheizte Wände und ein Klo
Für das Erlebnis mussten die Touristen tief in die Tasche greifen. Trotzdem ist das Tauchboot alles andere als bequem: Die Passagiere müssen auf dem Boden sitzen und bewegen könne man sich kaum, wie die BBC berichtete.
Das gewölbte Bullauge an der Vorderseite soll den Blick auf die Titanic ermöglichen. Vom «grössten Aussichtspunkt aller bemannten Tiefsee-Tauchboote» schwärmt das Unternehmen laut BBC. Starke Scheinwerfer an der Aussenseite durchbrechen das pechschwarze Wasser in rund 3800 Metern Tiefe und beleuchten das Wrack. In der Tiefe des Atlantiks kann es sehr kalt werden. Deshalb sind die Wände beheizt.
Eine Besonderheit: Es gibt eine Toilette im vorderen Bereich. Wer mal muss, zieht einen Vorhang vor – und der Pilot dreht die Musik auf. Allerdings empfehle das Unternehmen, die «Ernährung vor und während des Tauchgangs einzuschränken, um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass Sie die Einrichtungen nutzen müssen». (SDA/lia)