Das indigene Marubo-Volk lebt seit Jahrhunderten im Amazonas. In kleinen Hütten am Itui-Fluss führte der brasilianische Stamm bislang ein sehr traditionelles Leben. Doch seit September letzten Jahres hat sich der Alltag der rund 2000 Stammeszugehörigen stark verändert. Grund dafür sind Elon Musk (52), der amerikanischen Philanthrop Allyson Reneau und die brasilianische Aktivistin Flora Dutra.
Zusammen mit Enoque Marubo (40), einem der Stammesanführer, kontaktierte die Aktivistin Reneau. Dieser wiederum finanzierte auf Anfrage 20 Starlink-Satelliten-Einheiten für den Stamm. Dabei handelt es sich um eine Satelliten-Technologie von Tech-Milliardär Musk, die Internetzugänge an nur schwer erreichbaren Orten ermöglicht.
Internetzugriff musste eingeschränkt werden
Der Internetanschluss war für den Stamm ein wichtiger Schritt. «Ohne das Internet können wir nicht leben», sagt Enoque Marubo zum «Telegraph». Denn dank des Zuganges könne der Stamm nun sofortige medizinische Hilfe anfordern. Etwa, wenn jemand von einer Schlange gebissen werde. Diese neue Notruffunktion habe bereits Leben gerettet.
Doch der Zugang in die digitale Welt hat auch seine Schattenseite. Die neue Technologie brachte viele Probleme mit sich. Plötzlich veränderte sich das Leben im Stamm. Das Internet nahm einen wichtigen Platz ein und andere Dinge wurden vernachlässigt. «Wenn man im Dorf nicht jagt, fischt und pflanzt, isst man nicht», so Enoque Marubo. Die Konsequenz: Internetzeiten wurden eingeführt. Morgens gebe es nun zwei Stunden Zugang, nachmittags fünf und sonntags den ganzen Tag.
«Sie lernen die Sitten der Weissen kennen»
Der Stammesälteste Tsainama Marubo (73) sagt ebenso, das Leben im Amazonas habe sich verschlechtert: «Junge Leute sind durch das Internet faul geworden, sie lernen die Sitten der Weissen kennen.» Dass die jungen Stammangehörigen «einfach nur den ganzen Nachmittag am Telefon verbringen wollen», kritisiert auch Anführerin TamaSay Marubo (42). Sie ist besorgt.
Ebenso kritisch sieht Alfredo Marubo, Leiter einer Marubo-Dorfvereinigung, die Einführung des Internets. Der «New York Times» sagt er, junge Männer hätten seither «aggressives Sexualverhalten» an den Tag gelegt. Dies, nachdem sie Pornos geschaut hatten. In der Kultur der Marubo gelten Küsse in der Öffentlichkeit bereits als Skandal. Nun aber sollen Stammesmitglieder in Gruppenchats explizite Videos miteinander teilen. «Wir befürchten, dass junge Leute es versuchen wollen», so Alfredo.
Trotz der Negativeffekte bleibt Enoque positiv. Er ist sich sicher: «Das Internet wird uns viel mehr Nutzen als Schaden bringen.»