Brennende Autos, Strassenblockaden und vermummte Mitglieder des Sinaloa-Drogenkartells auf Motorrädern: Seit Donnerstag eskalieren Strassenkämpfe in Mexiko, nachdem Ovidio Guzmán (32), der Sohn des berüchtigten Drogenbosses Joaquín «El Chapo» Guzmán (65), festgenommen wurde.
Einer, der die heftigen Kämpfe im Epizentrum, der Stadt Culiacán, hautnah miterleben muss, ist Stefan Brägger (41). Der Schweizer ist aktuell in Mexiko in den Ferien, besucht die Familie seiner Frau, als das Chaos losgeht. Im Gespräch mit Blick erzählt er von bangen Momenten. «Als es losgegangen ist, habe ich schon kurz Angst bekommen.» Seine Familie beruhigte ihn: «Solange man sich ruhig verhält, geschieht einem in der Regel nichts.»
«Wie eine Geisterstadt»
Trotzdem: der aufsteigende Rauch, das Geräusch von Schüssen und die Ungewissheit, wann alles vorbei ist – das mulmige Gefühl bleibt. Zumal kaum Informationen an die Bevölkerung gegeben werden. «Man weiss nicht, was los ist. Die Behörden kommunizieren nicht», so Brägger. «Alles ist sehr unübersichtlich.»
Die letzte Nachtruhe wurde von vereinzelten Schüssen und den kreisenden Helikoptern unterbrochen. «Heute Morgen waren die Strassen wie ausgestorben, eine Geisterstadt.» Denn auch wenn die Kämpfe nachgelassen haben, eine Sicherheitsgarantie gibt es nicht – deshalb bleibt die Bevölkerung lieber in den Häusern. Einige trauen sich doch zur Arbeit, Brägger beobachtet einige Autos auf den Strassen.
Schweizer sitzt fest – Flughafen geschlossen
Die Kämpfe erstrecken sich am Donnerstag und Freitag bis zum örtlichen Flughafen. Eine Passagiermaschine und ein Militärflugzeug wurden von Kugeln getroffen, wie die Fluggesellschaft Aeromexico und die Regierung mitteilt. Der Flugverkehr wurde eingestellt.
Auch Brägger ist von dem Flugverbot betroffen. Eigentlich wollten er und seine Frau gestern wieder in die Schweiz fliegen, dann kamen die Kämpfe. «Aktuell ist es zwar ruhig, aber der Flughafen ist noch immer geschlossen.» Wie lange er und seine Frau noch in Culiacán ausharren müssen, ist unklar.
29 Tote nach Festnahme
Bei der Festnahme von Guzmán sind nach Regierungsangaben 29 Menschen getötet worden. Bei den Todesopfern handele es sich um zehn Militärangehörige und 19 «Gesetzesbrecher», sagte Verteidigungsminister Luis Cresencio Sandoval (62) am Freitag.
Ovidio Guzmán war am Donnerstag im Norden Mexikos verhaftet worden, anschliessend hatten sich mutmassliche Mitglieder von Guzmáns Drogenkartell heftige Feuergefechte mit Sicherheitskräften geliefert. Guzmán kann vorerst nicht an die USA ausgeliefert werden. Alle Verfahren zur Auslieferung von Guzmán seien bis auf Weiteres einzustellen, urteilte ein Bundesrichter am Freitag auf Antrag der Anwälte des 32-Jährigen.