Die verheerende Explosion in Beirut am Dienstagabend erschüttert nicht nur Libanon, sondern die ganze Welt. Mindestens 100 Personen verloren ihr Leben, über 4000 Menschen wurden verletzt. Die Stadt liegt in Trümmern, die Spitäler sind überfüllt.
Hisham Kurdi (54) aus Speicher AR ist schockiert über das Ausmass der Katastrophe. Der gebürtige Libanese besucht zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern seine Mutter in der alten Heimat. Am Dienstag war er rund 20 Kilometer von der Stadt entfernt, als es zur Explosion kam.
«Mein Sohn stand unter Schock»
«Es hat sich angefühlt, als wäre es in der Strasse nebenan passiert», sagt er zu BLICK. Sein jüngster Sohn (8) habe in dem Moment draussen auf der Strasse gespielt. «Ich bin gleich losgerannt, um ihn zu suchen. Ich hatte solche Angst.» Das Kind sei dann wohlauf gewesen. «Er hat noch nie eine Explosion gehört und dachte, es sei wohl ein Autounfall. Er sagte zu mir, es habe getätscht, aber dass ihm nichts passiert sei. Er stand total unter Schock», erzählt der Vater.
Anschliessend fuhr der Autohändler gemeinsam mit seinem Bruder in die Stadt. «Es ist eine grosse Katastrophe. Ich habe den Krieg im Libanon erlebt. Die Stadt hat nicht mal damals so schlimm ausgesehen», sagt der 54-Jährige. «An jeder Ecke standen blutüberströmte Menschen, Scherben und Trümmer lagen auf dem Boden. Balkone sind teils runtergestürzt.» In der Luft sei eine «riesige, orangefarbene Wolke» zu sehen gewesen.
«Wir haben nur noch Rauch gesehen»
Auch die zum Zeitpunkt des Unglücks leerstehende Wohnung der Mutter wurde in Mitleidenschaft gezogen. «Alle Fenster und Türen sind zerstört. Überall liegen Scherben.» Die Coronakrise habe das Land bereits wirtschaftlich hart getroffen, jetzt kommt das nächste Unglück. «Ich mache mir grosse Sorgen um die Leute hier.»
Auch die Schweizerin Laura B.* hat die Explosion hautnah miterlebt. Ihr Ferienhotel liegt direkt am Meer in Beirut. Als es im Hafen zur Detonation kam, war sie gerade in ihrem Hotelzimmer. «Beim ersten Mal haben wir gespürt, wie das Hotel gerüttelt hat. Beim zweiten Mal hat es dann richtig laut geknallt», sagt sie zu BLICK. «Dann haben wir auch Angst bekommen und fühlten uns nicht mehr sicher. Wir hatten ja keine Ahnung, was noch folgt. Aus dem Fenster haben wir nur noch Rauch und Krankenwagen auf der Strasse gesehen.»
«Wir dachten, es sei ein Bombenanschlag»
«Wir dachten zuerst, es sei vielleicht ein Bombenanschlag. Dann hiess es, ein Feuerwerk sei explodiert. Im ganzen Hotel gingen Alarmsirenen los. Wir durften unser Zimmer nicht verlassen.» Erst zwei Stunden später geht N. raus. Die Eingangshalle des Hotels sei beschädigt worden. «Alle Fenster waren kaputt. Auch die Scheiben der Autos auf dem Parkplatz sind zersprungen.»
Wie Hisham Kurdi zieht auch B. den Vergleich zum Libanon-Israel-Konflikt im Jahr 2006. «Nicht mal damals hat es so schlimm ausgesehen. Es ist schon ziemlich heftig. Zwei Tage vorher genossen wir hier den Sommer und waren auf Shoppingtour und jetzt sieht es wie im Krieg aus, alles ist kaputt.»
Nicht nur die Schweizer, auch die Einheimischen stehen unter Schock. Der Gouverneur von Beirut, Marwan Abboud, bricht vor laufender Kamera in Tränen aus. Er wisse nicht, wann sich Beirut erholen würde.
Ermittlungen weiter im Gange
Der Einheimische Nadi Nasrallah war gerade in der Nähe des Hafens in einem Taxi unterwegs. Als er die Explosion hörte, dachte er zuerst an einen Bombenanschlag. «Ich fuhr dann gleich heim. Mein Haus ist kilometerweise vom Hafen entfernt. Und alles was ich sah, als ich ankam, waren kaputte Fensterscheiben. Die Wand ist eingebrochen. Die ganze Nachbarschaft wurde zerstört.»
Auch der CNN-Reporter Ben Wedemann ist betroffen. Das Büro des Senders ist stark beschädigt. «Es hat sich wie ein Erdbeben, gefolgt von einer riesigen Explosion angefühlt», schildert der Journalist.
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* Name geändert