2013 wurde ein Frachtschiff mit der hochexplosiven Ladung in Beirut festgehalten
Explosives Düngemittel kam mit der «Rhosus»

Für die Explosion in Beirut ist vermutlich Ammoniumnitrat verantwortlich, das 2013 von einem defekten Schiff gelöscht wurde. Anwälte und Richter hatten auf die grosse Gefahr hingewiesen.
Publiziert: 05.08.2020 um 10:56 Uhr
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Aktualisiert: 05.08.2020 um 15:30 Uhr
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Das gefährliche Ammoniumnitrat wurde 2013 mit dem Schiff Rhosus in den Libanon gebracht.
Foto: Zvg
Guido Felder

Was explodierte im Hafen von Beirut – und wie gelangte der Sprengstoff dorthin? Vieles deutet darauf hin, dass grosse Mengen von Ammoniumnitrat die Katastrophe von Beirut ausgelöst haben. Tatsächlich lagerten beim Hafen tonnenweise der hochexplosiven Substanz.

Das Gefahrengut stammte vom Frachtschiff Rhosus, das am 23. September 2013 in Beirut gestrandet war. Das unter moldawischer Flagge fahrende, 86 Meter lange Schiff gehörte der bulgarischen Interfleet Shipmanagement Burgas. Es war seit dem Bau 1986 in Japan fünf Mal umgetauft worden.

Besitzer hatte kein Interesse mehr

Technische Probleme zwangen den Kapitän damals, seine Fahrt von Batumi in Georgien nach Beira in Mosambik zu unterbrechen und mit den 2750 Tonnen Ammoniumnitrat in den Hafen von Beirut einzulaufen. Wegen der Mängel wurde ihm die Weiterfahrt verboten, worauf die Mehrheit der Crew in ihre Heimat zurückkehrte. Nur der russische Kapitän und vier Besatzungsmitglieder blieben zurück – sozusagen als Pfand.

Als verschiedene Gläubiger Forderungen aufstellten, verlor das Frachtunternehmen das Interesse am Schiff und liess nichts mehr von sich hören. Versuche der libanesischen Behörden, mit den Besitzern, dem Charterer und dem Besitzer der Ladung in Kontakt zu treten, scheiterten.

Kapitän auf Schiff gefangen

Für den Kapitän und seine vier Kollegen begann eine lange, ungemütliche Wartezeit. Wegen der Einreisebeschränkungen mussten sie bei immer knapper werdenden Vorräten auf dem Schiff ausharren. Diplomatische Bemühungen fruchteten nicht. Erst nach der Intervention von auf Schifffahrt spezialisierten Anwälten in Beirut konnte die verbliebene Besatzung nach einem Jahr endlich heimkehren.

Der Richter folgte dem Antrag der Anwälte, weil er in der Festhaltung der Crew eine Verletzung der persönlichen Freiheit sah und weil die Besatzung einer «gefährlichen Ladung» ausgesetzt war, die noch im Schiffsbauch lagerte.

Genau wegen dieser Gefahr, die vom Ammoniumnitrat ausgeht, löschten die Hafenbehörden schliesslich die Ladung und transportierten sie in die Lagerhäuser. Die Beiruter hatten vor, das Gefahrengut sowie das Schiff zu versteigern oder sonst ordnungsgemäss zu entsorgen.

Die Explosion hat nun alles vernichtet. Warum es zur Katastrophe kam, ist noch unklar.

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