«Schwärzester Tag»
Mindestens 38 Tote bei Zusammenstössen in Myanmar

Nach dem Militärputsch von Anfang Februar eskaliet die Gewalt in Myanmar. Die Polizei geht mit scharfer Munition gegen Demonstranten vor. Allein am Mittwoch verloren Dutzende Menschen ihr Leben.
Publiziert: 03.03.2021 um 22:09 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2021 um 22:12 Uhr
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Demonstranten flüchten in der Stadt Mandalay vor dem Tränengas der Sicherheitskräfte.
Foto: imago images/ZUMA Wire

Nach dem Putsch in Myanmar haben die Militärmachthaber die Gewalt gegen Demonstranten weiter eskaliert. «Heute war der schwärzeste Tag seit dem Putsch am 1. Februar. Wir hatten heute, nur heute, 38 Todesfälle», sagt die UN-Sonderbeauftragte Christine Schraner Burgener (57). Insgesamt seien damit mehr als 50 Menschen in den vergangenen Wochen gestorben.

Schraner Burgener berichtet von «sehr verstörenden» Videos, auf denen Gewalt und das offensichtliche Erschiessen eines Protestierenden zu sehen gewesen sei. «Es scheint so, dass die Polizei Waffen wie Neun-Millimeter-Maschinenpistolen, also scharfe Munition, einsetzt.» In sozialen Netzwerken kursierten erschütternde Aufnahmen von blutüberströmten Leichen. Die UN-Sondergesandte ist Schweizerin und tritt im Januar 2022 beim Bund die Nachfolge von Mario Gattiker als Staatssekretärin für Migration an.

20'000 Demonstranten in Mandalay

In Myingyan im Norden Myanmars wurde nach übereinstimmenden Berichten ein junger Mann erschossen, ein anderer in Mawlamyine im Süden. Zwei weitere Demonstranten, ein 37-jähriger Mann und eine 19-jährige Frau, kamen in der Grossstadt Mandalay ums Leben, wie das Portal «Myanmar Now» schreibt. «Es waren etwa 20'000 Demonstranten auf der Strasse, und ich bin sicher, dass die Sicherheitskräfte der Armee angehörten», sagt ein Journalist vor Ort der Deutschen Presse-Agentur. In der früheren Hauptstadt Rangun, dem Hotspot der Proteste, gab es mindestens sieben Opfer.

Der Mittwoch war bereits der 30. Tag des Widerstands gegen das Militär. Die Sicherheitskräfte setzten auch wieder Tränengas, Blendgranaten und Gummigeschosse ein, wie das Portal «Eleven Myanmar» schreibt. Seit dem Putsch von Anfang Februar sollen nach Schätzungen von Aktivisten mehr als 1300 Menschen zumindest vorübergehend festgenommen worden sein – die Vereinten Nationen sprechen von 1200.

Aung San Suu Kyi im Hausarrest

Das Militär hatte vor rund einem Monat gegen die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi geputscht. Als Grund führten die Generäle Unregelmässigkeiten bei der Parlamentswahl vom November an. Diese hatte Suu Kyi mit klarem Vorsprung gewonnen. Beobachter dokumentierten dabei keine Zeichen von grösserem Wahlbetrug.

Die 75-jährige Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi sitzt seit dem Coup im Hausarrest und muss sich wegen verschiedener Vorwürfe vor Gericht verantworten. Die Demonstranten fordern die Wiedereinsetzung der früheren Freiheitsikone als Regierungschefin. Suu Kyi hatte während der fast 50 Jahre dauernden Militärdiktatur bereits 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. Die Armee hatte damals das Land mit eiserner Hand regiert und jeden Widerstand mit brutaler Härte unterdrückt.

Sitzung des UN-Sicherheitsrats

Schraner Burgener fordert die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck zum Handeln auf, um den Putsch rückgängig zu machen und die Gewalt zu beenden. «Es werden jetzt alle verfügbaren Werkzeuge benötigt, um diese Situation zu beenden, und wir brauchen eine Einheit der internationalen Gemeinschaft. Es liegt also an den Mitgliedstaaten, die richtigen Massnahmen zu ergreifen», so die UN-Gesandte, die eigenen Angaben zufolge mit der Militärführung in Kontakt steht. Auch mit EU-Staaten – unter anderem Deutschland – sei sie im Gespräch. Am Freitag ist eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates zur Gewalt in Myanmar geplant.

Papst Franziskus äussert sich erneut besorgt über den Konflikt: «Ich appelliere an die beteiligten Parteien, dass der Dialog die Oberhand gewinnen möge über die Unterdrückung», schreibt das katholische Kirchenoberhaupt auf Twitter. Der Papst fordert die internationale Gemeinschaft auf, «dafür zu sorgen, dass die Bestrebungen des Volkes von Myanmar nicht erstickt werden». Franziskus hatte schon im Februar unter anderem eine sofortige Freilassung festgenommener Politiker verlangt. (SDA/noo)

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