Es ist immer wieder das gleiche Trauerspiel. Ob unter Barack Obama (61), Donald Trump (76) oder aktuell Joe Biden (80) – wenn US-Regierungen mehr wollen als sie zahlen können, droht regelmässig die Zahlungsunfähigkeit des Staates.
Auch das Szenario einer Staatspleite zählt zum wiederholten politischen Déja-vu: Millionen Amerikaner würden keinen Lohn, keine Sozialhilfe und keine Unterstützung in der medizinischen Versorgung mehr erhalten. Die Renten wären gefährdet. Es gäbe kein staatliches Geld für die Infrastruktur, und das Land könnte nur mit Mühe seine Staatsanleihen bedienen. Die Kreditwürdigkeit der grössten Weltmacht würde herabgesetzt, der US-Dollar entwertet, die nationale Sicherheit geschwächt. Das hätte verheerende Folgen auch für den Rest der Welt.
Es gibt nur eine Lösung: Rauf mit dem Schuldendeckel!
Am 19. Januar 2023 war es wieder soweit: Die Biden-Regierung erreicht mit einer Staatsverschuldung von 31,4 Billionen US-Dollar die im Vorjahr festgelegte Schulden-Obergrenze. Seitdem darf sich der US-Staat praktisch kein Geld mehr leihen. Reserven reichten nur noch bis zum Juni, schlimmstenfalls bis September, warnt nun Finanzministerin Janet Yellen (76).
Also: Rauf mit dem Schuldendeckel! Da dies nur mit dem Segen der beiden Kammern geht, beginnt das grosse Zocken. Die Opposition nutzt den Engpass der Regierung als Verhandlungsmasse oder für den eigenen Wahlkampf. Wochenlanges Streiten gehört zum Ritual. Am Ende jedoch siegen meist Vernunft und neue Schulden.
Ultrakonservative akzeptieren keine Kompromisse
Doch dieses Mal sind sich Beobachter des üblichen «Happy Ends» nicht mehr so sicher. Grund ist eine kleine Gruppe von republikanischen Hardlinern. Zu den 20 strammen Trump-Anhängern zählen Rechtspopulisten wie Scott Perry (60), Matt Gaetz (40) und Marjorie Taylor Greene (48). Allesamt glauben an Trumps grosse «Wahllüge», wollen Kapitol-Stürmer begnadigen und halten den Klimawandel für einen Schwindel.
Die radikalen Rebellen lehnen die Sozialversicherung und das Gesundheitssystem «Medicare» der Demokraten ab sowie deren Einwanderungspolitik. Sie wollen zudem die Hilfe an die Ukraine einstellen. Bereits vor Wochen machten die Trump-Rebellen deutlich: Im Streit um den Schuldendeckel akzeptierten sie keine Kompromisse.
Christine Lagarde: «Eine grosse, grosse Katastrophe»
Zwar ist die republikanische Mehrheit mit nur fünf Sitzen im Kongress hauchdünn und die ultrakonservative Gruppe eher klein. Doch im Erpressen waren die Trump-Rebellen bereits sehr erfolgreich. So unterstützten sie den Parteikollegen Kevin McCarthy (58) für das Amt des Sprechers des Repräsentantenhauses erst bei seinem 15. Anlauf – und unter Zugeständnissen. Eines davon: Ein einziger Abgeordneter reicht nun, um ein Misstrauensvotum gegen McCarthy zu erwirken.
Auch wenn die Trump-Rebellen direkt eine mögliche Mehrheit zur Anhebung des Schuldendeckels nicht überstimmen können, so können sie doch die Abstimmung dazu durch interne Blockaden gefährlich verzögern.
Wird also die Schuldenobergrenze nicht bald erhöht, käme es zu einem historischen Zahlungsausfall der US-Regierung. Für die Welt wäre dies eine «grosse, grosse Katastrophe», wie Christine Lagarde (67), Präsidentin der Europäischen Zentralbank kürzlich sagte. Die grösste Volkswirtschaft der Welt dürfe einen Zahlungsausfall nicht zulassen.