Schlag aufs Füdli mit Holzpaddel
US-Schulbezirk führt Prügelstrafe wieder ein

In einem Schulbezirk im US-Bundesstaat Missouri wurde die Prügelstrafe wieder eingeführt. Während einige Eltern froh sind, dass die Disziplinarmassnahme wieder eingeführt wurde, sind Kinderschützer über den Entscheid entsetzt.
Publiziert: 26.08.2022 um 18:14 Uhr
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In einem Schulbezirk im US-Bundesstaat Missouri wird die Prügelstafe wieder eingeführt.
Foto: keystone-sda.ch

«Angemessene körperliche Gewalt» solle ausgeübt werden. Die Rede ist von einem Entscheid eines Schulbezirks in der US-Kleinstadt Cassville. In der Stadt im Bundesstaat Missouri wurde nämlich die Prügelstrafe an Schulen wieder eingeführt.

Doch als wäre das nicht genug, soll die körperliche Züchtigung, die eigentlich 2001 abgeschafft wurde, ihr Comeback gar auf Wunsch von einigen Eltern feiern. Dies berichten die «Washington Post» und andere US-Medien.

Fast 2000 Schüler betroffen

Doch was heisst das genau? Konkret soll Schülerinnen und Schülern, die sich nicht angemessen verhalten, mit einem Holzpaddel auf den Hintern geschlagen werden. Der Neuregelung zufolge soll die Prügelstrafe aber nur dann zum Zug kommen, «wenn alle anderen alternativen Disziplinierungsmittel versagt haben». Betroffen von der neuen Massnahme, die ab dem neuen Schuljahr gelte, seien rund 1900 Schüler.

In Anwesenheit eines Zeugen dürfen die Lehrkräfte demnach «angemessene körperliche Gewalt» anwenden. Es dürfe jedoch keine Gefahr von Körperverletzungen bestehen. Während bei jüngeren Kindern ein bis zwei Schläge erlaubt seien, könnten es bei älteren Schüler bis zu drei sein. Ohrfeigen oder Schläge auf den Kopf seien dagegen verboten.

Zudem müsse die Lehrperson in einem Bericht an den Schulleiter die Gründe für die Bestrafung darlegen. Ausgeschlossen von der Massnahme seien jene Schüler, deren Eltern kein Einverständnis zur Anwendung der Disziplinarmassnahme gegeben hätten.

Einige Eltern hätten sich für Prügelstrafe bedankt

Der Entscheid, die Disziplinarmassnahme wieder einzuführen, sei offenbar bereits im Juni gefallen. Diese Woche habe man die Eltern nun detailliert über die Neuregelung informiert.

Dass man die Prügelstrafe nach mehr als 20 Jahren wieder einführe, kommt gemäss Schulleiter Merly Johnson bei vielen Eltern gut an. Wie die Zeitung «Springfield News-Leader» berichtete, seien gewisse Mütter und Väter gar frustriert darüber gewesen, dass man die körperliche Züchtigung abgeschafft habe. Doch damit nicht genug: Wie Johnson der Zeitung sagte, sollen sich einige Eltern bei ihm für die Wiedereinführung der Prügelstrafe bedankt haben.

Einem Vater zufolge ermöglicht die körperliche Züchtigung der Schule, einem Kind Disziplin beizubringen, ohne es gleich nach Hause zu schicken.

«Absolut schreckliche Praxis»

Andere Eltern seien dagegen entsetzt, dass man erneut zu einem solchen Mittel greife. Miranda Waltrip, die drei Kinder im Bezirk hat, sagte zu «Ozarksfirst», sie sei schockiert über den Entscheid, den sie als unangemessen bezeichnete.

Auch bei Kinderschützern schlägt die Rückkehr zur Prügelstrafe in Cassville hohe Wellen: «Es ist eine absolut schreckliche Praxis», sagte Richard Wexler, Exekutivdirektor der Nationalen Koalition für die Reform des Kinderschutzes.

Wexler zufolge bestehe für eine Lehrperson keine Notwendigkeit, ein Kind jemals zu schlagen. Zudem mache die Prügelstrafe keinen Sinn. Das Kind werde durch die Schläge nämlich nicht bestraft, sondern traumatisiert. Auch die Vereinten Nationen fordern jene Länder, in welchen die Prügelstrafe praktiziert wird, dazu auf, die Praxis zu verbieten. Körperliche Züchtigung sei nämlich eine Menschenrechtsverletzung.

Missouri in USA kein Einzelfall

Missouri ist nicht der einzige US-Bundesstaat, der nach wie vor zu Disziplinarmassnahmen wie Schlagen greift: In 19 Staaten ist die Prügelstrafe nach wie vor erlaubt.

Trotz des Aufschreis, der die Neuregelung in Cassville auslöste, sei körperliche Züchtigung demnach keine Seltenheit. Laut der Zeitung zeigen landesweite Daten des Büros für zivile Rechte des Bildungsministeriums, dass 69'000 Kinder und Jugendliche geschlagen wurden. Die Zahlen beziehen sich auf die Jahre 2017/18.

Angeführt wurde die Liste vom Bundesstaat Mississippi mit 20'000 Betroffenen, darauf folgte Texas mit 14'000 und Alabama mit über 9000 betroffenen Kindern. (dzc)

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