In München meldete die Polizei am Donnerstagmorgen im Bereich der Briennerstrasse einen grösseren Einsatz mit zahlreichen Einsatzkräften. Auf X hiess es schnell, dass es sich um einen Schusswechsel in der Nähe des NS-Dokumentationszentrums handle.
In Videos, die im Internet kursieren, sind etliche Schüsse zu hören, und die Münchner Polizei erklärte, dass eine Person gesehen worden sei, «die augenscheinlich eine Schusswaffe trug». Auf Bildern ist zu sehen, wie der Angreifer mit einem Weltkriegsgewehr samt Bajonett bewaffnet ist.
Nach derzeitigen Erkenntnissen gehe man bei dem Angriff des mit einem Gewehr bewaffneten 18-jährigen Österreichers von einem «Bezug zum Generalkonsulat des Staates Israel» aus, teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft München mit.
Wie die Polizei schreibt, wurde der Einsatzraum grossräumig abgesperrt. Sie bestätigte auch, dass es zu «Schussabgaben durch polizeiliche Einsatzkräfte» auf eine verdächtige Person gekommen sei, die Person wurde hierbei getroffen und verletzt.
Wie kurz vor Mittag bekannt wird, ist die Person mittlerweile gestorben. Das teilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (67) mit. Hinweise auf weitere verdächtige Personen, die im Zusammenhang mit dem Einsatz stehen, gibt es keine, erklärte die Polizei.
Bei dem Schützen handelt es sich um einen Mann (†18) aus Österreich, wie die Polizei bestätigte. Wie «Spiegel» berichtet, soll der junge Mann den Sicherheitsbehörden als Islamist aufgefallen sein.
Nach dem mutmasslichen Anschlagsversuch eines Österreichers in München wurde sein Wohnort im Salzburger Land durchsucht. Zahlreiche Beamte rückten nach Neumarkt am Wallersee aus, um Beweise und Spuren zu sichern. Das teilte ein Salzburger Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur mit.
Der 18-Jährige hatte in Neumarkt zusammen mit seinen Eltern gewohnt. Zur Sicherheit seien das Wohnhaus und die benachbarten Gebäude evakuiert worden, sagte der Polizeisprecher. Im Nachhinein habe aber sich herausgestellt, dass keine Gefahr bestanden habe.
Mann hat «gezielt auf Polizisten geschossen»
Herrmann erklärte, der Mann habe das Feuer eröffnet. «Er hat gezielt auf die Polizisten geschossen, die haben das Feuer erwidert», sagte Herrmann in Burghausen. Bei einer Medienkonferenz am Mittag sagte Herrmann zudem: «Wir müssen davon ausgehen, dass heute Früh möglicherweise ein Anschlag auf das israelische Generalkonsulat geplant war.»
Von den fünf an dem Schusswechsel beteiligten Polizisten, sei keiner verletzt worden. Ebenso sei keiner der Konsulatsmitarbeitenden verletzt worden.
Über eine mögliche Motivlage des Mannes konnten zunächst weder Polizei noch Innenministerium Angaben machen. Über eine Motivlage könne noch keine Auskunft erteilt werden.
Anwohner hörte Rufe und Schüsse
Ein Anwohner sprach am Morgen gegenüber der «Süddeutschen Zeitung» von Schüssen und Polizeisirenen. Der Mann hörte «Lauft! Lauft!»-Rufe. Benedikt Franke, stellvertretender Vorsitzender und CEO der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), sagte gegenüber «Bild»: «Um genau 9.10 Uhr knallte es plötzlich laut. Mindestens ein Dutzend Schüsse waren zu hören.» Das Büro, das sich genau neben dem NS-Dokumentationszentrum befindet, sei von der Polizei abgeriegelt worden.
Wie Anwohner gegenüber «Bild» berichteten, sei der Mann vor der Polizei geflüchtet und habe sich immer wieder nach seinen Verfolgern umgedreht. Ein Augenzeuge schilderte den Journalisten, wie er die Verfolgung erlebt hatte: «Es dauerte mehrere Minuten, bis die ersten Polizisten hinter ihm herkamen. Sie haben dann mindestens 30- bis 40-mal auf ihn geschossen». Danach habe er nur noch die Rufe der Beamten gehört, «Er liegt am Boden, bewegt sich nicht mehr», sollen sie gerufen haben. Nach «Bild»-Informationen soll der Mann mehrfach im Oberkörper getroffen worden sein. Ein Notarzt stellte seinen Tod fest.
Dank an die Polizei
Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (54) schätzt die Schüsse in München als gravierenden Vorgang ein. «Es ist ein schwerwiegender Vorfall», sagte die Sozialdemokratin in Berlin. Sie wolle aber nicht spekulieren, es gelte abzuwarten. Sie äusserte sich während einer Pressekonferenz zu einem anderen Thema.
«Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Münchner Polizei, die da einen guten Einsatz aus meiner Sicht machen», sagte Faeser. «Der Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen, das wissen Sie, hat oberste Priorität.» Es sei sehr bitter, dass sich der Vorfall ausgerechnet vor dem NS-Dokumentationszentrum und dem israelischen Generalkonsulat ereignet habe.
Bürgermeister richtet Appell an Bundesregierung
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (57) sprach im Rahmen der Medienkonferenz am Mittag von einem «Warnsignal». «Es kann jeden Tag was passieren», so der CSU-Politiker. Er machte aber auch klar: «Wir lassen uns das nicht gefallen». Ferner lobte er das Vorgehen der Polizei.
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (66) lobte die Münchner Bevölkerung für die schnelle Verständigung der Polizei und richtete anschliessend einen Appell an die deutsche Bundesregierung. «Die Bundesregierung sollte alle Massnahmen ergreifen, die eine präventive Verbrechensbekämpfung möglich machen», forderte Reiter. «Die Verbrechen und Anschläge der letzten Tage machen ein Umdenken in der Regierung notwendig.»
Mit dem 5. September fällt der Vorfall auf den Jahrestag des Olympia-Attentats. Im Jahr 1972 nahmen palästinensische Terroristen elf israelische Athleten als Geiseln und ermordeten sie.
In Österreich werden Sicherheitsmassnahmen erhöht
Innenminister Gerhard Karner gab in Wien bekannt, dass sie Sicherheitsmassnahmen in Österreich erhöht werden. Die Staatsschutzbehörde DSN habe deswegen bereits mit der israelischen Botschaft und der israelischen Kultusgemeinde Kontakt aufgenommen, sagte er.
Der Schütze, der in einem Schusswechsel mit der Polizei starb, war Österreicher. «Die österreichischen Sicherheitsbehörden sind in intensivem Austausch mit den deutschen Kollegen», sagte Karner. Details zu dem jungen Mann oder zu dem Wissensstand seiner Beamten nannte er nicht. Die österreichische Presseagentur APA hatte zuvor berichtet, dass gegen den Schützen voriges Jahr wegen mutmasslicher Nähe zur Terrororganisation Islamischer Staat ermittelt worden war. Auf seinem Mobiltelefon war demnach einschlägiges Propagandamaterial gefunden worden.