«Niemand gibt zu, es komplett vermasselt zu haben»
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Marine rechnet mit Führung ab:«Niemand gibt zu, es komplett vermasselt zu haben»

Scharfe Kritik an Afghanistan-Abzug - «Alle sind umsonst gestorben»
Gnadenlose Abrechnung von US-Marine mit Amerikas Führungsspitze

Die US-Führung haben mit dem Afghanistan-Abzug versagt und auch Soldaten im Stich gelassen. Diese Anschuldigung macht ein US-Marine, der jetzt um seine Zukunft fürchten muss. Er verlangt «Rechenschaft» von Führern. Sonst seien «all die verlorenen Leben umsonst» gewesen.
Publiziert: 28.08.2021 um 03:54 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2021 um 09:39 Uhr
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17 Jahre lang kämpfte US-Marine Stuart Scheller für sein Land und riskierte sein Leben. Die US-Führung habe in Afghanistan alles vermasselt, so der Soldat.
Foto: US Marine Corps
Daniel Kestenholz

Es ist eine gnadenlose Abrechnung von US-Marine Stuart Scheller mit der eigenen Regierung und Militärführung. Seit 17 Jahren steht Scheller als Infanterist der Marines im Dienst der US-Streitkräfte. Die Marines zählen zu den zähesten, härtesten Soldaten. Wofür man sein Leben riskiere, das zeige den Grad der persönlichen Überzeugung, so Scheller in einem Rundumschlag gegen den Afghanistan-Abzug der USA. Das knapp fünfminütige Facebook-Video verbreitet sich wie ein Lauffeuer auf sozialen Medien – und sorgt offenbar auch in höchsten US-Regierungs- und Militärkreisen für rote Köpfe.

Bei den Anschlägen in Kabul starb auch einer seiner Kameraden. Scheller verspüre eine «wachsende Unzufriedenheit und Verachtung für die empfundene Unfähigkeit» der Führungsspitze seines Landes, für das er sein Leben gegeben habe. Er sei kein junger Bursche. Er habe vieles zu verlieren. Seine und auch die Zukunft seiner Familie stehe auf dem Spiel, indem er jetzt auspacke.

Scheller zitiert auch aus einem offenen Brief, der unter Marines die Runde macht: «Einige von euch ringen mit der Frage, ob es das alles wert war», heisst es. «Ihr habt die Marines an eurer Seite auf dem Schlachtfeld nie im Stich gelassen.» Jetzt fühlten sich alle von ihrer Führern im Stich gelassen. Den demoralisierten Verfassern des Briefs sei laut Scheller zu Therapie geraten worden.

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«Wir haben es komplett vermasselt»

«Ich habe Menschen getötet und auch ich nehme Therapie in Anspruch», sagt Scheller. Doch der Grund, weshalb derzeit auch so viele US-Soldaten wütende Postings auf sozialen Medien verfassen sei nicht, weil sie von Kameraden im Stich gelassen wurden. Die Leute seien «wütend, weil sie sehen, dass ihre Führer sie im Stich lassen».

Keiner dieser Führer sage: «Wir haben es vermasselt.» Weder der US-Verteidigungsminister noch ein einziger Militärführer, kein einziger gebe es zu. Hingegen werde ein Soldat bei der geringsten Beschwerde gefeuert.

«Ich verlange Rechenschaft»

Andere Marines würden sich «fragen sich, ob all die verlorenen Leben umsonst waren. Aus meiner Sicht», sagt Scheller, «sind möglicherweise alle diese Menschen umsonst gestorben. Wir haben keine Führungspersönlichkeiten, die sich jetzt erheben und sagen, dass wir das am Ende nicht gut gemacht haben.» Ohne Fehler einzugestehen, würden auch die immer gleichen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Fehler wiederholt.

«Die Verantwortlichen halten ihren Teil der Abmachung nicht ein», schliesst Scheller . «Ich möchte dies sehr nachdrücklich sagen. Ich kämpfe schon seit 17 Jahren. Ich bin bereit, alles aufzugeben, um meinen Führern zu sagen: Ich verlange Rechenschaft.»

Scheller, Batallionskommandeur einer Advanced Infantry Trainingseinheit, hatte das Video am Donnerstagabend online gestellt. Am Freitagnachmittag teilte Scheller auf Facebook mit, er sei seines Kommandos enthoben worden.

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