20'000 Besucher pro Tag lockt er ab, doch es steht schlecht um ihn: den Eiffelturm. «Wird er fallen?», fragte etwa die französische Wochenzeitung «Marianne» am 29. Juni auf ihrer Titelseite. Kein Wunder: Rost macht dem eisernen Riesen zu schaffen.
Zudem verursachte die Absenkung des Geländes am linken Seine-Ufer, dass sich die Neigung des Turms seit über einem Jahrhundert leicht verändert hat.
Die Auszüge aus einem Dutzend Berichten, welche die französische Wochenzeitung «Marianne» veröffentlicht hat, zeigen das ganze Ausmass des Übels. «Wenn Gustave Eiffel heute diese Stätte besuchen würde, würde er einen Schock bekommen», beklagt sich ein Verantwortlicher der Stätte.
Farbe des Turms ist wichtig
Ein weiteres Problem sind die vielen Scheinwerfer, die den Eiffelturm am Abend und in der Nacht zum Strahlen bringen. In Blau-Weiss-Rot für den Nationalfeiertag am 14. Juli, Blau mit Sternen während der turnusmässigen französischen EU-Ratspräsidentschaft, die gerade zu Ende ging, und Blau und Gelb in Solidarität mit der Ukraine.
So schön diese Lichtspektakel auch sein mögen – für den Eiffelturm sind sie alles andere als gesund. Denn die Scheinwerfer erzeugen Wärme und beschädigen so die Farbe des Turms.
Gustave Eiffel (1832-1923) hatte immer wieder betont, dass die Bemalung ein wesentliches Element des Turms sei. Ein schlechter Anstrich kann die von Wind und Regen gepeitschte Turm-Struktur der schlimmsten Korrosion aussetzen
Sanierung ist teuer, Stadt ist verschuldet
Problem: Die neuen, umweltfreundlicheren Farben, die verwendet werden, halten nicht mehr so gut wie früher auf der Metallstruktur, die von 2'500'000 Nieten gehalten wird. Fast 70 Prozent der Farbe hält nicht langfristig. Das berühmte «Eiffel-Braun», eine bronzeähnliche Farbe, die der Konstrukteur des Gebäudes gewählt hat, muss jeweils speziell präpariert werden. Das alles ist teuer.
Jede Sanierung kostet die Stadt Paris 60 Millionen Euro, was fast einem Jahresumsatz an Besuchereinnahmen entspricht.
Das Problem ist, dass die Stadtverwaltung von Paris finanziell am Ende ist und die Kosten nur noch mit Mühe stemmen kann. Mit einem Schuldenberg von 7,7 Milliarden Euro ist die französische Hauptstadt eine der höchstverschuldeten Städte der Welt. Es ist also nicht einfach, das dringend benötigte Geld aufzutreiben, um den Turm zu streichen, abgenutzte Nieten zu ersetzen und marode Spannweiten auszutauschen.
Auch sind die Regeln für die Geldbeschaffung streng: Der Eiffelturm darf nicht in eine riesige Plakatwand für Sponsoren verwandelt werden. Es muss mit den vorhandenen Mitteln gearbeitet werden.
Plan für mehr Mittel im Januar 2016 verabschiedet
Im Januar 2016 verabschiedete die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (63) deshalb einen Modernisierungsplan zur Aufwertung des Eiffelturms. Der Plan sieht vor, die Investitionen von derzeit 13,7 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen.
Doch Massnahmen wie zusätzliche Gelder, Anlagen und Reparaturen kommen viel zu spät. Immerhin: Corona hat der Einrichtung eine kurze, dringend benötigte Pause verschafft. Das ist zumindest etwas. Die grosse Frage bleibt aber: Wie geht es weiter?
Die grössten Pessimisten weisen darauf hin, dass der Brand der Notre Dame im April 2019 auch eine Folge von vernachlässigten und schlecht gewarteten Einrichtungen war. Könnte der Eiffelturm also als Nächstes zum Opfer fallen? Möglich. Der Zustand des Turms ist bedenklich.