Roman Voerkel (30) ist einer von 9377 Schweizer Auswanderern in Thailand – BLICK stellt sechs Expats vor
«Ich kam als Tourist, jetzt habe ich eine Bar und bin Vater»

Vom Neuling zum Hoteldirektor. BLICK zu Besuch bei Schweizer Auswanderern in Thailand.
Publiziert: 04.04.2017 um 00:01 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:28 Uhr
«Je länger ich weg bin, umso mehr vermisse ich die Schweiz»
3:53
Schweizer-Auswanderer in Thailand:«Je länger ich weg bin, umso mehr vermisse ich die Schweiz»
Michael Sahli

Roman Voerkel (30) aus Zürich hat die Sex-Hauptstadt Pattaya zu seinem neuen Zuhause gemacht. Völlig spontan, wie er sagt: «Ich kam im Februar 2016 zum ersten Mal als Tourist. Drei Monate später eröffnete ich schon meine Bar namens Ding Dong Laden.» Nur kurz vor dem Besuch von BLICK wurde der Schweizer zudem Vater. Tochter Lina und die thailändische Mama Yanisa (28) sind von der Geburt noch arg mitgenommen.

Für Voerkel heisst das: Die finanzielle Belastung ist gestiegen. «Momentan rentiert meine Beiz noch nicht richtig», sagt er offen. «Falls alle Stricke reissen, gehe ich mit der Familie zurück in die Schweiz.» Mit dem alten Job als Callcenter-Mitarbeiter bei einem grossen Telekommunikations-Anbieter hat der frischgebackene Papa längst abgeschlossen.

Vom Neuankömmling zum Fünf-Sterne-Direktor

Auch Simon Rindlisbacher (40) aus Gossau SG fing vor 13 Jahren ganz klein an – als Hotel-Praktikant. Heute ist der er Direktor des Fünf-Sterne-Hauses «Mövenpick» in Bangkok. Er hat eine Thai geheiratet und ist Vater von zwei Buben (1 und 8 Jahre alt). Im Ausland lernt er seine Heimat schätzen. «Seit ich Kinder habe, sehe ich die Vorteile in der Schweiz.» Die Kids nach draussen zum Fussballspielen schicken? In Gossau – kein Problem. In Bangkok – fast unmöglich! Auch der Tsunami aus dem Jahr 2004 hat sich bei ihm eingebrannt. Der Hotelier erinnert sich: «Wir hatten eine Familie im Hotel zu Gast, die weiter ans Meer reiste. Zurück kam ein paar Tage später nur noch der Vater.» 

Fakt ist: Thailand gehört zu den Lieblingsdestinationen für Schweizer Auswanderer. Ende 2016 hatten 9377 Schweizer ihren festen Wohnsitz dort – knapp 500 mehr als im Vorjahr! Nicht wirklich verwunderlich: Etwa zwei Drittel der erwachsenen Auswanderer sind Männer (s. Box).

«Ich bin quasi ein Justiz-Flüchtling»

Andere Auswanderer verliessen die Schweiz einst aus Verbitterung – wie Peter W.* (55) aus Bern. Der 55-Jährige stand im Zentrum eines der grössten Bestechungs-Skandale des Bundes, dem «Insieme-Skandal» (BLICK berichtete). Nach der Verurteilung packte W. den Koffer - und machte sich auf den Weg nach Pattaya. «Ich bin quasi ein Justiz-Flüchtling», witzelt er. Seit bald zweieinhalb Jahren führt er in der Sünden-Hauptstadt Pattaya ein Schweizer Restaurant und Guesthouse. Im Angebot: Schweizer Käse, Fondue und Rösti. Das thailändische Personal kann Schweizer Lieder singen. 

Zudem profitiert der Exil-Berner vom Sex-Tourismus. Kurz vor 1 Uhr nachts kommt ein Hotel-Gast mit einer thailändische Dame im Schlepptau ins Restaurant  – und lässt sich von der angetrunkenen Herrenrunde beklatschen: «Sei nicht so laut, ich schlafe im Zimmer unter dir», ruft der Gastgeber. Und öffnet das nächste Bier.

Pascal Schnyder (49) kochte für das Königshaus

Für Auswanderer Pascal Schnyder (49) aus Luzern war die Schweiz nur eine Zwischendestination im Leben – wenn auch die wichtigste. «Ich wurde in Südkorea geboren, dann aber von meinen Eltern ausgesetzt», erzählt Schnyder. Später wurde er von einem Luzerner Ehepaar adoptiert. Nach seiner Kochlehre im Luzerner Palace begann der steile Aufstieg des Kochs. Schnyder bekochte schliesslich Superstars wie Tina Turner («bestellte in der Nacht Rüeblisuppe»), Bon Jovi («ass 36 Austern») und die thailändische Kronprinzessin Sirindhorn («mag keine Tomaten»). In Pattaya gründete er 2001 das «Casa Pascal», ein hochpreisiges Restaurant mit Schweizer und Internationaler Küche.

«Wir sind Teilzeit-Auswanderer»

Andere Auswanderer dürften von der Statistik kaum erfasst werden. So wie Albert (72) und Cécile Jetter (71) aus Kreuzlingen TG. Jahrelang verkaufte das Ehepaar Magenbrot auf Märkten. «Wir haben unser ganzes Leben lang gearbeitet, jetzt ist endlich fertig», sagt Albert und schlägt einen Golfball Richtung Himmel. Die Thurgauer überwintern jeweils in Pattaya, bleiben gleich für mehrere Monate. «Wir sind quasi Teilzeit-Auswanderer», rufen die beiden und fahren mit ihrem Golf-Buggy davon.

*Name der Redaktion bekannt

1/10
Roman Voerkel (30) mit Ehefrau Yanisa (28) und Baby Lina (6 Tage alt).
Foto: Thomas Meier

 

Fast 10'000 Schweizer sind nach Thailand ausgewandert

Ivo Sieber (60) aus Widnau SG ist Schweizer Botschafter in Bangkok. BLICK nennt er die spannendsten Kennzahlen aus seinem Tätigkeitsfeld. «Ende 2016 hatten 9377 Schweizer ihren Wohnsitz in Thailand. Im Vorjahr waren es erst 8880», sagt Sieber. Für die Botschaft bedeutet das viel Arbeit: «Letztes Jahr haben wir 40 Haftfälle von Schweizern in Thailand betreut.»

47 Kinder von Schweizern kamen 2016 im Land des Lächelns zur Welt. Im Gegensatz dazu sind 89 Schweizer in Thailand gestorben. «Bei 40 davon hat es sich um Touristen gehandelt. Wir gehen davon aus, dass Verkehrsunfälle einen beträchtlichen Teil ausmachen.»

Die Schweizer sind für Thailand aber auch ein Wirtschaftsfaktor: «150 Schweizer Firmen haben in Thailand 50'000 Jobs geschaffen», so Sieber. Hinzu kommt der Tourismus: Über 200'000 Schweizer reisten 2016 in die Ferien nach Thailand.

Ivo Sieber (60) aus Widnau SG ist Schweizer Botschafter in Bangkok. BLICK nennt er die spannendsten Kennzahlen aus seinem Tätigkeitsfeld. «Ende 2016 hatten 9377 Schweizer ihren Wohnsitz in Thailand. Im Vorjahr waren es erst 8880», sagt Sieber. Für die Botschaft bedeutet das viel Arbeit: «Letztes Jahr haben wir 40 Haftfälle von Schweizern in Thailand betreut.»

47 Kinder von Schweizern kamen 2016 im Land des Lächelns zur Welt. Im Gegensatz dazu sind 89 Schweizer in Thailand gestorben. «Bei 40 davon hat es sich um Touristen gehandelt. Wir gehen davon aus, dass Verkehrsunfälle einen beträchtlichen Teil ausmachen.»

Die Schweizer sind für Thailand aber auch ein Wirtschaftsfaktor: «150 Schweizer Firmen haben in Thailand 50'000 Jobs geschaffen», so Sieber. Hinzu kommt der Tourismus: Über 200'000 Schweizer reisten 2016 in die Ferien nach Thailand.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?