Heute hat das höchste französische Verwaltungsgericht («Conseil d'État») entschieden, dass die Burkini-Verbote der südfranzösischen Gemeinden nicht rechtens sind. Zum Urteil kam es, weil die französische Menschenrechtsliga und das «Collectif contre l'islamophobie en France» Beschwerde gegen ein Urteil eines Verwaltungsgerichts in Nice eingelegt hatten. In diesem Entscheid vom 22. August beurteilte das Lokalgericht das Burkini-Verbot der Ortschaft Villeneuve-Loubet überraschend als rechtlich einwandfrei.
Grundrechte waren verletzt
Die Frage, ob das Tragen eines Burkini wirklich eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, um eine Einschränkung von Grundrechten zu rechtfertigen musste wegen der Beschwerde jetzt aber vom höchsten französischen Verwaltungsgericht definitiv entschieden werden. Dieser Entscheid wurde mit grosser Spannung erwartet und wird als wegweisend betrachtet. Nun hat ein dreiköpfiges Richtergremium klar festgehalten, dass das Verbot sowohl die Bewegungsfreiheit, die Glaubens- und Gewissensfreiheit als auch die persönliche Freiheit verletzt und deshalb keinen Bestand haben kann. Konkret hob der «Conseil d'État» das Urteil der Vorinstanz über das Burkini-Verbot der Ortschaft Villeneuve-Loubet auf. Damit darf die Verordnung nicht länger umgesetzt werden. Das Urteil hat allerdings auch eine Präzedenzwirkung für die über 30 anderen Gemeinden, die auch Burkini-Verbote erlassen haben.
Umstrittene Kleidungsvorschriften
Die Burkini-Verbote haben in Frankreich eine erbitterte Debatte ausgelöst. Nachdem mehrere südfranzösische Gemeinden das Tragen eines Burkinis unter Strafe gestellt haben, wurde am Dienstag eine Frau in Nice von vier Polizisten gezwungen, ihr Ganzkörper-Badekleid auszuziehen (BLICK berichtete). Bereits eine Woche zuvor war auch eine Burkiniträgerin in Cannes gebüsst worden. Laut einer Umfrage von Ifop für «Le Figaro» unterstützt eine Mehrheit von 64 Prozent der Franzosen die Burkini-Verbote. Unter anderem hat sich auch der ehemalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy für die Verbote ausgesprochen.
Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden begründeten die Burkini-Verbote mit der angespannten Stimmung im Land. Muslimische Badebekleidung könne als Provokation empfunden werden und zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen. Der «Conseil d'État» hat diese Begründung jetzt aber in aller Deutlichkeit als unhaltbar bezeichnet.