«Die Taliban waren so wütend, sie hätten uns alle getötet»
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Geflüchteter Journalist:«Die Taliban waren so wütend, sie hätten uns alle getötet»

Ramin Rahman (27) steht auf der Todesliste
Fotograf entkam im prallvollen Flieger der Rache der Taliban

Am Montag schockierten Bilder vom Flughafen in Kabul die ganze Welt. Tausende Menschen versuchten über den Luftweg zu flüchten. Nur wenigen gelang das. Einer von ihnen: Ramin Rahman (27).
Publiziert: 18.08.2021 um 20:49 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2023 um 11:31 Uhr
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Es sind chaotische Szenen, die am Montag in einem US-Militärflugzeug aufgenommen wurden. Tausende Menschen versuchen zu fliehen.
Foto: AP
Janina Bauer

Mit dem Einzug der Taliban in seine Heimatstadt Kabul änderte sich das Leben von Ramin Rahman (27) schlagartig: Er muss sein Zuhause, seine Familie und seine Freunde verlassen. Denn als Fotojournalist, der für westliche Medien arbeitet, steht er auf der Todesliste der Taliban. Sein einziger Lichtblick ist seine Frau, die bereits in Deutschland ist. In einem Telefongespräch berichtet er Blick von seiner Flucht.

Montag früh. Rahman bricht überstürzt auf, nimmt ein Taxi zum Flughafen. Nur die wichtigsten Dokumente, sein Handy und den Laptop hat er dabei. «In der Sekunde, in der ich das Haus verliess, bekam ich Todesangst.» Als er gegen Mittag am zivilen Teil des internationalen Flughafens ankommt, herrscht pures Chaos: «Überall verzweifelte und hilflose Menschen. Sie wollten nur weg.» Doch zu diesem Zeitpunkt gibt es schon keine Flüge mehr.

Es wird Abend, die Menschen werden immer unruhiger. Als in der Ferne Schüsse der Taliban zu hören sind, bricht Panik aus. Die Menschen flüchten zuerst aufs Rollfeld, dann in Richtung Militärflughafen: «Manche trugen nicht mal Schuhe, viele stolperten und fielen hin.» 

Gegen 23 Uhr landen dort vier Flugzeuge der US-Luftwaffe. Zwar versperren US-amerikanische Soldaten den Weg und feuern Warnschüsse in die Luft. Doch die Menschen lassen sich nicht aufhalten. «Die Situation auf der Landebahn glich einem Schlachtfeld, es ging um Leben und Tod», so Rahman.

Er schafft es an Bord einer überfüllten Maschine. «Zuerst waren über tausend Menschen an Bord. Viele wurden von den Soldaten wieder rausgezogen.» Trotzdem stehen die Menschen weiter dicht an dicht. «Kinder gingen im Gedränge verloren, Babys schrien. Sogar Neugeborene waren an Bord. Viele Menschen weinten.» Das Flugzeug hat keine Fenster, der Sauerstoff wird knapp. Auch Wasser fehlt. «Ich bekam kaum Luft und hatte zwölf Stunden nichts gegessen und getrunken – ich war am Verdursten.»

Plötzlich umzingeln Soldaten das Flugzeug. «Bleibt in der Maschine. Wir werden angegriffen!», rufen sie. Die Türen des Flugzeugs schliessen sich. «Kurz ging eine Erleichterung durch die Menge. Doch die Maschine hob nicht ab.» Stattdessen Schüsse in nächster Nähe. «Der schlimmste Moment in meinem Leben. Wir konnten nichts sehen, waren völlig ausgeliefert.»

Nach eineinhalb Stunden im Flugzeug springen die Triebwerke an, die Maschine hebt ab. «Alle waren erleichtert. Lachten, klatschten, jubelten der Belegschaft zu.» Nach knapp fünf Stunden landet das Flugzeug auf einem US-amerikanischen Militärstützpunkt in Katar. Wie es nun weitergeht, ist ungewiss. Ramin Rahman hat nur ein Ziel: zu seiner Frau nach Deutschland.

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