Der Verkehr rauscht wie jeden Tag über die sogenannte Tangenziale 3 im Osten Mailands. Es ist Ende Juni. Niemand merkt, dass unter einer Überführung der Stadtautobahn in der Gemeinde Cerro al Lambro ein älterer Herr liegt. Vielleicht ist er verletzt. Vielleicht erlitt er einen Schwächeanfall und kann nicht um Hilfe rufen. Der Mann stirbt am Rande des pulsierenden Alltags einer Metropole. Hilflos und einsam.
Es vergehen über drei Monate. Am Montagmorgen schliesslich wurde seine Leiche entdeckt, fast nur noch ein Skelett. In den Taschen seiner Kleidung finden die Beamten der Autobahnpolizei Ausweispapiere. Beim Toten handelt es sich um einen Schweizer aus dem Kanton Wallis. Doch wie kam der Mann dorthin? Nach ersten Indizien wurde in jede Richtung ermittelt. Denn weit und breit fand sich kein Auto. Erst eine Obduktion konnte die Todesursache klären. Auch ein Gewaltverbrechen wurde nicht ausgeschlossen.
Rentner in verwirrtem Zustand
Es dauert nicht lange und die Staatsanwaltschaft kann den Verlauf jenes traurigen 29. Junis 2021 rekonstruieren. Kurt R.* hatte Demenz. Er war in einer Tessiner Klinik in Behandlung. Diese verliess er aber und fuhr mit seinem Dacia Duster ins angrenzende Italien. In Melegnano (I) fiel der Rentner durch seinen verwirrten Zustand auf, berichten italienische Medien. Er wurde in ein Spital im Mailänder Hinterland eingeliefert. Doch auch dieses verliess der Walliser wieder. Diesmal zu Fuss. Seitdem schien der Senior wie vom Erdboden verschluckt.
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Die italienische TV-Variante von «Aktenzeichen XY ... ungelöst» nahm sich des Falles an. «Chi l'ha visto?» veröffentlichte ein Foto von Kurt R. mit dem Aufruf für Hinweise. Die aber blieben aus. Soviel scheint festzustehen: Offenbar geriet der Mann in geistiger Umnachtung auf die Stadtautobahn. Warum niemand hielt, um ihn mitzunehmen, bleibt ein Rätsel. Auch, warum er offenbar kollabierte. Und schliesslich starb.
*Name geändert