Die Verleihung eines Nobelpreises ist in der Regel eine feierliche Sache. Heute aber wird es auf dem Norrmalmstorg in Stockholm zu Demonstrationen kommen, wenn der österreichische Schriftsteller Peter Handke (77) die Auszeichnung in Empfang nimmt.
Sogar mit Krawallen wird gerechnet. Das 600 Meter entfernte Konzerthaus, in dem die Zeremonie in Anwesenheit der Königsfamilie um 16.30 Uhr beginnt, wird daher von der Polizei vollständig abgeriegelt.
Kriegsverbrechen verharmlost
Grund für den Protest: Peter Handke hatte sich im Jugoslawien-Konflikt stark mit den Serben solidarisiert und nach Ansicht von Kritikern die von Serben begangenen Kriegsverbrechen bagatellisiert oder geleugnet. 2006 hielt er bei der Beerdigung des sechs Jahre zuvor gestürzten serbischen Führers Slobadan Milosevic (†64) eine Rede.
Verschiedene Seiten, darunter die Gesellschaft für bedrohte Völker, forderten das Nobelkomitee der Schwedischen Akademie auf, Handke zu einer Entschuldigung bei den Opfern des Völkermordes von Srebrenica und Bosnien zu bewegen. Ohne Entschuldigung müsse ihm der Literatur-Nobelpreis entzogen werden.
Kosovo boykottiert den Anlass
Mehrere Personen werden die Zeremonie heute boykottieren. Das Aussenministerium des Kosovo teilte mit, dass seine Botschafterin in Schweden, Shkendije Geci Sherifi, nicht daran teilnehmen werde. Auch Peter Englund (62), Mitglied der Schwedischen Akademie, bleibt dem Konzerthaus fern. Seine Begründung: «Peter Handkes Nobelpreis zu feiern, wäre für mich eine grobe Heuchelei.»
Von der Schweiz hingegen wird mit Guy Parmelin (60) sogar ein Bundesrat anreisen. Sein Besuch gilt allerdings nicht Handke, sondern den beiden Schweizer Preisträgern in Physik, Michel Mayor (77) und Didier Queloz (53). Die beiden Astronomen an der Uni Genf entdeckten den ersten extrasolaren Planeten, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist.