Der rumänische EU-Vorsitz hat sich offen für Änderungen an der Brexit-Vereinbarung mit Grossbritannien gezeigt. Wenn in London Klarheit über den Kurs herrsche, werde die EU versuchen, ihre «Position anzupassen», sagte Aussenminister Teodor Melescanu in Brüssel.
Obgleich die EU weiter hinter Irland stehe, könne dabei auch über die umstrittene Auffanglösung für Nordirland gesprochen werden: «Der Backstop, alles ist offen, steht auf der Tagesordnung», so Melescanu.
Der slowakische Aussenminister Miroslav Lajcak schloss dagegen Änderungen am Austrittsvertrag aus. «Ich würde ihn nicht antasten», sagte er. Beim Brexit würden alle verlieren. Er wolle nicht, «dass die EU ein grösserer Verlierer als das Vereinigte Königreich wird».
EU wünscht sich Klarheit
Luxemburgs Chefdiplomat Jean Asselborn erwartete am Montag noch keine Klarheit «über die grossen Fragen» wie etwa ein zweites Referendum oder Neuwahlen in Grossbritannien oder die Verschiebung des Brexit-Termins Ende März. Er könne sich vorstellen, dass sich London nun «mehr konzentriert auf die Zollunion». Diese sei «nützlich», um das Nordirland-Problem zu lösen und würde «Chaos» durch Warenkontrollen zum Rest Europas verhindern, sagte Asselborn.
Der deutsche Aussenminister Heiko Maas erklärte am Rande eines EU-Treffens in Brüssel, er erwartet von Grossbritannien so schnell wie möglich Klarheit über den weiteren Fahrplan für den Brexit. «Wir wissen mittlerweile, was man in London nicht will. Wir müssen jetzt endlich wissen, was man in London will und wofür es eine Mehrheit im Parlament gibt», sagte Maas. Danach könne man dann darüber reden, wie ein Brexit ohne Abkommen verhindert werden könne.
Österreichs Aussenministerin Karin Kneissl sagte, sie könne sich in den nächsten Tagen und Wochen keine Lösung vorstellen, die nicht schon in den vergangenen zwei Jahren diskutiert worden sei. Wichtig seien nun «klarere» Ansagen aus London.
Spekulationen um Verschiebung des Austritts
Er glaube nicht, dass Theresa May den Brexit-Plan «durch marginale Anpassungen» retten könne, sagte der spanische Aussenminister Josep Borrell. Ihm zufolge gibt es inzwischen Spekulationen, den Brexit «für eine lange Zeit von fünf Jahren» zu verschieben, damit die Briten Zeit für ein zweites Referendum oder Neuwahlen bekämen.
Eine Verschiebung des Brexit-Termins Ende März komme nur in Frage, «wenn es einen guten Grund» gibt, sagte der slowakische Aussenminister Lajcak. Sie könne nicht nur dazu dienen, «die Agonie zu verlängern».
Bei den Brexit-Hardlinern ihrer konservativen Partei stösst die Auffanglösung für Nordirland auf Widerstand. Diese sieht vor, dass das Vereinigte Königreich ohne andere Vereinbarung in einer Zollunion mit der EU bleibt, um wiedereingeführte Grenzkontrollen zu verhindern.
In Grossbritannien herrscht die Sorge, dass der Nordirland-Konflikt zwischen irischen Nationalisten und pro-britischen Unionisten bei einer Wiedereinführung von Grenzkontrollen wieder aufflammen könnte.
Noch unklar, welchen Plan B May vorlegen wird
Die britische Premierministerin Theresa May will ihre Erklärung zum Plan B für den EU-Austritt an diesem Montag frühestens um 16.30 Uhr (MEZ) präsentieren.
Unklar ist, ob die konservative Regierungschefin tatsächlich ein konkretes Konzept vorlegen wird. Als wahrscheinlicher gilt in London, dass May dem Parlament einen Fahrplan zur Konsensfindung präsentiert.
Mays Konzept soll laut «Times» unter anderem Pläne für einen Vertrag Grossbritanniens mit Irland enthalten, um das Problem einer neuen Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und der Republik Irland zu vermeiden.
Ein solcher Vertrag soll ebenso Tory-Harliner wie die nordirische DUP überzeugen, deren Abgeordnete Mays Regierung im Parlament unterstützen. Wie dieser Vertrag mit EU-Recht vereinbar sein soll, wurde nicht gesagt. Irische Regierungskreise sagten der «Times», ein bilateraler Vertrag sei «nichts, das wir in Erwägung ziehen würden».
Das ursprüngliche Abkommen sieht für Nordirland eine spezielle Zollunion mit der EU vor. Damit sollte eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindert werden. Sollte vor dem Austritt Grossbrittaniens aus der EU am 29. März kein Vertrag zustande, kommt der sogenannte Backstop zum Zug.
Die Übergangsmassnahme soll eine harte Grenze auf der Insel verhindern, indem Nordirland teil des EU-Binnenmarktes bliebe.
Doch vor allem dieser Backstop stösst bei Unionisten und Konservativen in England auf Widerstand. Denn mit einem Backstop verliefe die EU-Aussengrenze zwischen Irland und Grossbritannien in der irischen See. Exporte aus England nach Nordirland wären dann nicht mehr so einfach möglich und würde der britischen Wirtschaft schaden.
Das ursprüngliche Abkommen sieht für Nordirland eine spezielle Zollunion mit der EU vor. Damit sollte eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindert werden. Sollte vor dem Austritt Grossbrittaniens aus der EU am 29. März kein Vertrag zustande, kommt der sogenannte Backstop zum Zug.
Die Übergangsmassnahme soll eine harte Grenze auf der Insel verhindern, indem Nordirland teil des EU-Binnenmarktes bliebe.
Doch vor allem dieser Backstop stösst bei Unionisten und Konservativen in England auf Widerstand. Denn mit einem Backstop verliefe die EU-Aussengrenze zwischen Irland und Grossbritannien in der irischen See. Exporte aus England nach Nordirland wären dann nicht mehr so einfach möglich und würde der britischen Wirtschaft schaden.
Parteien arbeiten an Verzögerung des Termins
Nach britischen Medienberichten vom Sonntag arbeiten Abgeordnete verschiedener Parteien daran, die Brexit-Entscheidung hinauszuzögern und einen ungeordneten EU-Austritt ihres Landes zu verhindern. Tory-Hardliner warnten die Premierministerin derweil vor Zugeständnissen an EU-Freunde im Parlament. Eine britisch-irische Lösung für Nordirland hat Berichten zufolge wenig Aussicht auf Erfolg.
Nach Mays Präsentation im Unterhaus will eine parteiübergreifende Gruppe unter der Federführung der Labour-Abgeordneten Yvette Cooper und des Konservativen Nick Boles einen Änderungsantrag für weitere Verhandlungen mit der EU einbringen, sollte das Parlament Mays neuen Vorschlag am 29. Januar ablehnen. Damit wollen die Rebellen den Brexit hinauszögern und einen ungeordneten EU-Austritt verhindern.
Der Konservative Dominic Grieve will nach Informationen der britischen «Times» mit einem weiteren Antrag dafür sorgen, dass Artikel 50 des EU-Vertrages zeitweise ausgesetzt wird - ebenfalls um Zeit zu gewinnen. Der Artikel regelt den Austritt eines Landes aus der Union. Wie diese Aussetzung erfolgen soll, wurde aus dem Text nicht deutlich.
In der Downing Street 10 - Mays Amtssitz - ist man über die Pläne der Anti-Brexit-Rebellen offensichtlich wenig erfreut. «Jeglicher Versuch, der Regierung die Macht zu entziehen, zu diesem historisch bedeutenden Zeitpunkt die rechtlichen Bedingungen für einen geordneten Austritt (aus der EU) zu erfüllen, ist in höchstem Masse Besorgnis erregend», zitierte die BBC am Sonntag aus Regierungskreisen. Es bestehe die Gefahr, dass das Parlament einen Brexit stoppen könnte.
Erneuter Urnengang?
In Grossbritannien erscheint die Möglichkeit eines Gangs an die Wahlurnen nicht ganz abwegig. Drei Mitglieder von Mays Kabinett hatten der «Financial Times» (Freitag) gesagt, dass eine Neuwahl denkbar sei. Regierungsmitarbeitern zufolge wurden in der vergangenen Woche Notfallpläne dafür diskutiert.
Ob eine Neuwahl der Labour-Partei nützen würde, ist unklar. Laut einer unveröffentlichten Umfrage einer EU-freundlichen Lobby-Gruppe, die dem «Guardian» zugespielt wurde, würde Labour etwa mit einer klaren Parteinahme für einen Verbleib Grossbritanniens in der EU keine Wähler hinzugewinnen.
Grossbritannien will bereits am 29. März aus der Staatengemeinschaft austreten. Das mit der Europäischen Union ausgehandelte Abkommen wurde in der vergangenen Woche im Parlament abgelehnt. Einem folgenden Misstrauensvotum hielt die Premierministerin jedoch stand. (SDA)