Oligarchen tricksen wegen Sanktionen
Die grösste Segelyacht der Welt ist nur noch ein «Hausboot»

Russische Oligarchen versuchen mit allen Mitteln, wieder in den Besitz ihrer beschlagnahmten Superyachten zu kommen. Besonders dreist ist der «St. Moritzer» Oligarch Andrei Melnitschenko: Seine grösste Segelyacht der Welt gehöre ihm nicht. Und sei bloss ein «Hausboot».
Publiziert: 29.12.2022 um 02:14 Uhr
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Aktualisiert: 29.12.2022 um 10:11 Uhr
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Imposant: die «Sail Yacht A», auch «SY A» oder schlicht «A» genannt, die grösste Segelyacht der Welt.
Foto: Keystone
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Der russische Oligarch Andrei Melnitschenko (50) wohnt unter anderem in St. Moritz GR und ist der Gründer von Eurochem mit Sitz in Zug. Die Firma gehört zu den wichtigsten Düngemittelherstellern der Welt. Sein Vermögen wird auf 27,5 Milliarden Dollar geschätzt. Melnitschenko gehört auch die grösste Segelyacht der Welt. Die «Sail Yacht A». Auch einfach «A» genannt. Damit sie auch bei allen Marineregistern immer an erster Stelle steht. Ein Vergnügungsschiff der Superlative: 143 Meter lang, mit acht Decks, 54-köpfiger Crew und drei 100 Meter hohen Masten – höher als alle anderen Karbonmasten der Welt.

Die «A» verfügt über eine in den Kiel eingegossene Aussichtskanzel unter Wasser und Balkone, die von den längsten gebogenen Glasscheiben der Welt umgeben sind. Nur verständlich, dass Melnitschenko gerne wieder mit seiner «A» wieder die Segel hissen würde. Die nach der Verhängung von EU-Sanktionen beschlagnahmte Superyacht liegt seit März im italienischen Triest vor Anker. Und kostet Italiens Steuerzahler ein Vermögen. Sieben Millionen Euro verschlang die Wartung bislang an Betriebskosten.

Spuren verwischen

Melnitschenkos Anwälte versuchen mit allen Tricks, die Megayacht in ein simples «Hausboot» umzuklassifizieren. Laut «Forbes» folgen auch andere sanktionierte Oligarchen mit Superyachten dieser Strategie. Dazu gehört, die schwimmenden Luxuspaläste unter neue Flaggen zu setzen. Weg von Moskau-feindlichen, britischen Steuerparadiesen, hin zu Russland-freundlicheren Rechtssystemen.

Ein Sprecher von Melnitschenko erklärte «Forbes>» auf Anfrage, dass die «A» einem Trust gehöre, es gebe keine Verbindung zum Oligarchen. «A» sei «Eigentum einer Treuhandgesellschaft, die von einem unabhängigen Treuhänder verwaltet wird, und Herr Melnitschenko hat keinerlei Beziehung zu dieser Treuhandgesellschaft».

Bislang segelte die «A» unter der Flagge der britischen Isle of Man. Nach der Beschlagnahmung durch Italien verschwand sie dort aus dem Register und wurde auf das westafrikanische Sierra Leone umgeflaggt. Neu wurde die «A» als Hausboot registriert, nicht mehr als Yacht oder Sportschiff.

Rätselhafte Strategie der Oligarchen

Unklar bleibt, weshalb Melnitschenko und andere Russen ihre Luxuskähne plötzlich zu Hausbooten machen. Das fragt sich auch Benjamin Maltby, ein auf Yachten spezialisierter Londoner Anwalt. Sinn würde die Herabstufung der Megayachten machen, wenn sie «vollständig stillgelegt wurden und physisch nicht in der Lage sind, sich zu bewegen», so Maltby zu «Forbes». Doch dann «würde es auch wenig Sinn machen, sie irgendwo zu registrieren».

Anwälte und Behörden rätseln darüber, weshalb sich Melnitschenko und andere sanktionierte Yacht-Oligarchen diese Mühe machen, wenn sie nicht an ihre Superkähne herankommen können. Marktinsider äussern die Vermutung, dass die angeschlagenen Putin-freundlichen Superreichen darauf hoffen, dass sie unter einer neuen Flagge wieder legal zur See fahren können – und für Hausboote tiefere Steuern zahlen.

Melnitschenko schrieb Eigentum auf serbische Frau über

Dies, falls die Sanktionen aufgehoben und die Schiffe freigegeben werden. Melnitschenko hat Gerichtsverfahren gegen die EU laufen, dass die Sanktionen widerrechtlich seien. Als Klägerin führen Gerichtsdokumente seine Frau Aleksandra (45) auf, mit Wohnsitz St. Moritz.

Melnitschenko hatte laut Reuters das Eigentum an Eurochem und dem Kohle- und Stromkonzern Suek am Tag vor der Verhängung von EU-Sanktionen an seine Frau überschrieben. Daher machen die Melnitschenkos geltend, die Sanktionen seien «irrational», weil Aleksandra nie die russische Staatsbürgerschaft besessen oder in Russland gewohnt habe. Die Melnitschenko-Gattin ist serbisch-kroatische Doppelbürgerin.

«Kein Eigentümerwechsel» bei Yacht

Möglich, dass das Paar vergessen hat, die Besitzverhältnisse der «A» rechtzeitig zu verschleiern. Laut Alessio Casci, dem Chef von Italiens zuständiger staatliche italienischen Immobilienagentur Agenzia del Demanio, habe es bei der Yacht «keinen Eigentümerwechsel» gegeben, zitiert ihn die Triester Zeitung «Il Piccolo» am 23. Dezember.

Seit Kriegsausbruch in der Ukraine haben die EU, Grossbritannien und die USA mindestens 15 Yachten im Wert von insgesamt 3,3 Milliarden Dollar beschlagnahmt, die 13 sanktionierten Putin-nahen Oligarchen gehören.

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