Nach der Trauerfeier mit Tausenden Menschen ist der ehemalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow (†91) am Samstag in Moskau beigesetzt worden. Der Sarg wurde unter den Klängen der russischen Nationalhymne und mit Salutschüssen ins Grab gelassen, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete. Die Zeremonie fand auf dem Prominentenfriedhof am Neujungfrauenkloster statt. Der Friedensnobelpreisträger wurde neben seiner Frau Raissa (†67) bestattet.
«Es war beinahe wie ein Staatsbegräbnis»
Auch wenn es kein Staatsbegräbnis war, es fühlte sich auf jeden Fall so an, findet der Berner Editor und Publizist Michael S. Karlen (62). Er ist ein grosser Fan von Gorbatschow und nahm an dem Begräbnis teil. Im Gespräch mit Blick teilt er einige der emotionalen Momente. «Die Aufbahrung war sehr feierlich und eindrücklich, viele Leute haben Gorbatschow ihren Respekt erwiesen.»
Frustrierend für alle, die Gorbatschow die letzte Ehre erweisen wollten: Regierungsmitarbeitende schränkten den Zugang zum Haus der Gewerkschaften ein. Zeit zum Innehalten und Besinnen bleibt während der öffentlichen Trauerfeier kaum: ein kurzer Augenblick des Blumenablegens, eine kleine Verbeugung. Die Ordner winken bereits ungeduldig weiter. «Nicht stehen bleiben», raunen sie.
Die orthodoxe Feiert dauerte insgesamt aber doch mehrere Stunden an, auch auf dem Friedhof waren Hunderte Menschen dabei. «Es war tatsächlich beinahe wie ein Staatsbegräbnis», so Karlen. «Es war eine würdevolle Beerdigung für Gorbatschow und sehr eindrücklich.»
Orban will «letzte Ehre erweisen»
Gorbatschow, der als wichtiger Wegbereiter der deutschen Einheit gilt, war am Dienstag im Alter von 91 Jahren gestorben. Er hatte die Sowjetunion als deren letzter Präsident von 1985 bis 1991 geführt. In Russland wird Gorbatschow von vielen für den Zerfall der Sowjetunion und damit für den Niedergang der Grösse Russlands verantwortlich gemacht.
Zudem reisten keine führenden Politiker aus dem Westen zu dem Begräbnis. Hintergrund sind die Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Russlands amtierender Präsident Wladimir Putin (69) fehlt ebenfalls, nach Angaben des Kremls aus Termingründen.
Nur der ungarische Regierungschef Viktor Orban (59) kündigte eine Reise nach Moskau an. Er wolle Gorbatschow «die letzte Ehre erweisen», begründete das ungarische Aussenministerium auf Twitter den Entscheid. (chs/SDA/AFP)