Auf einen Blick
- Einige X-Nutzer erhielten diese Woche überraschend wieder Zugang zum gesperrten Dienst
- Der Oberste Gerichtshof Brasiliens drohte X deshalb mit über 700'000 Franken Strafe täglich
- Gegner des Richters Moraes werfen ihm Zensur und Machtmissbrauch vor
Der Onlinedienst X ist nach einer kurzzeitigen Wiederverfügbarkeit in Brasilien erneut offline. X war seit circa 16 Uhr (Ortszeit) nicht mehr aufrufbar und ist wieder gesperrt, wie der brasilianische Verband der Internetanbieter am Donnerstag mitteilte.
Zuvor hatte der Oberste Gerichtshof des Landes dem Onlinedienst von Elon Musk mit einer Strafe von täglich fünf Millionen Real (umgerechnet rund 780'000 Franken) gedroht, sollte X die gerichtliche Anordnung missachten, den Zugang für Nutzer in Brasilien zu sperren.
Nutzer hatten plötzlich wieder Zugang
Richter Alexandre de Moraes (55) erklärte in seinem Beschluss, X verhalte sich «renitent» und habe «rechtswidrig, anhaltend und vorsätzlich» den Gerichtsbeschluss zur Sperrung des Dienstes in Brasilien missachtet.
Am Mittwoch hatten mehrere X-Nutzer überraschend wieder Zugang zu dem nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gesperrten Dienst erhalten. Wie die Nachrichtenagentur AFP feststellte, war der ehemals als Twitter bekannte Onlinedienst für manche Nutzer über das Mobilfunknetz sowie über WLAN erreichbar, während andere Nutzer weiterhin keinen Zugang hatten.
X hatte dazu erklärt, dies sei nur «versehentlich und vorübergehend» geschehen und begründete den zeitweise wiederhergestellten Zugang mit einem Wechsel des Netzwerkanbieters. Weiter hiess es, das Unternehmen bemühe sich weiterhin um eine Zusammenarbeit mit der brasilianischen Regierung, «um sehr bald wieder» verfügbar zu sein.
Oberster Richter Moraes liess Twitter sperren
Brasiliens Oberster Richter Moraes hatte X Anfang September gesperrt und dies damit begründet, dass Eigentümer Musk seine «völlige Missachtung der brasilianischen Souveränität und insbesondere der Justiz demonstriert» habe. Während Richter Moraes die Sperrung als Massnahme gegen Desinformation und Hassbotschaften begründete, werfen ihm Gegner Zensur und Machtmissbrauch vor.
Zuvor hatte Moraes bereits mehrere Konten bei X und dessen Vorgängerdienst Twitter sperren lassen, die im Verdacht stehen, Desinformation zu verbreiten. Darunter waren vor allem Konten von Anhängern des Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro, der nach seiner Niederlage bei der Wahl 2022 unbelegte Behauptungen über angebliche Sicherheitsmängel im Wahlsystem des Landes verbreitet hatte.