Die Vorwürfe gegen Joe Biden sind heftig. Und sie kommen aus den eigenen Reihen. «Der US-Präsident hat gesagt, dass Israel das Recht zur Selbstverteidigung hat. Aber haben die Palästinenser kein Recht zu leben?», griff die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez («AOC») am Donnerstag Bidens Israel-Kurs in einer Rede an. Es gehe nicht um «Seiten» – «sondern um ein Ungleichgewicht der Macht», zu dem die USA durch ihre Unterstützung für Israels Militär massgeblich beitragen.
Der Nahost-Konflikt ist nach den Amokläufen und den steigenden Migrationszahlen schon die dritte Krise, die Biden in die Agenda grätscht. Und er hat AOC und ihre «Squad» gegen sich – jene jungen, progressiven Abgeordneten, die geschickt mit den sozialen Netzwerken umgehen.
Die laute Kritik aus der eigenen Partei wird Biden kaum ignorieren können. Dabei wollte er den verfahrenen Konflikt nie zu «seinem» aussenpolitischen Projekt machen. Viel wichtiger ist ihm China. Seit Amtsbeginn hat er klare Kante Richtung Peking gezeigt, die Beziehung zur EU verbessert, Drohmanöver im Südchinesischen Meer gefahren.
Nun ist er mit dem Raketen-Hagel in Nahost konfrontiert, mit getöteten Zivilisten und Kindern auf israelischer wie palästinensischer Seite – und das während er noch nicht mal einen US-Botschafter in Israel ernannt hat. Zu Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat Biden ein eher distanziertes Verhältnis.
Näher läge ihm für Friedensbemühungen ein moderaterer Kandidat wie Jair Lapid. Doch auch nach der vierten Wahl innerhalb zweier Jahre ist der innerisraelische Machtkampf noch nicht ausgefochten. Vor rund zehn Tagen ist Netanyahu mit der Regierungsbildung gescheitert. Dank harter Hand gewinnt er an Popularität. Das wird einen Waffenstillstand erschweren.