«Tritt zurück, Ayuso! Tritt zurück!», schallt es am Sonntag durch Madrid. Tausende Madrilenen ziehen durch die Strassen, mit Masken, wenig Abstand und Wut im Bauch. Wut auf Regionalpräsidentin Isabel Diaz Ayuso (41). Die hat die Stadt wegen der dramatischen Corona-Zahlen abgeriegelt – allerdings nur teilweise: In 37 sogenannten Gesundheitszonen dürfen die Bewohner nur noch mit triftigem Grund aus dem Haus. Mehr als 850'000 Menschen sind insgesamt von den Beschränkungen betroffen. Die Knallhart-Massnahme trifft vor allem den Süden der Stadt: die ärmlichen Viertel.
«Das ist doch verrückt! Wir sollen drinbleiben, dürfen aber zum Arbeiten ins Zentrum!», kritisiert ein junger Spanier den Teil-Lockdown für Madrid gegenüber Fernsehreportern – dieser soll zunächst für zwei Wochen gelten. Am Montag traf sich Regionalpräsidentin Ayuso ausserdem mit Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez (48), um eine gemeinsame Strategie zu finden – die Corona-Situation ist landesweit ausser Kontrolle.
Spanien und seine Hauptstadt Madrid sind kein Einzelfall. «Wir stehen vor einer ernsten Situation», warnte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge (51) mit Blick auf ganz Europa. Auch in der Schweiz meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Montag 1095 Neuinfektionen innerhalb von 72 Stunden.
Kurz vor den Herbstferien hat die zweite Welle besonders grosse Städte fest im Griff. Soweit es geht, versuchen Regierungen, einen kompletten Lockdown zu verhindern – manchmal allerdings geht es nicht anders.
Tel Aviv hatte sich zu früh gefreut
Trotz sonniger 30 Grad: Mit einem Strandbesuch wird es nichts mehr. «Trinkt Kaffee, trinkt Bier, habt Spass!» – der Aufruf von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (70) am 26. Mai kam zu früh. Seit Freitag ist Israel wieder weitflächig im Lockdown, erst mal für drei Wochen. Die Bevölkerung macht brav mit: Am Wochenende waren laut Medienberichten in Tel Aviv kaum Autos oder Menschen unterwegs. Nur etwa hundert Menschen demonstrierten gegen den Lockdown.
Paris zögert sich in die zweite Welle
Schon seit drei Wochen ist der Mund-Nasen-Schutz so ziemlich überall in Paris und Umgebung Pflicht. Doch das hat die französische Hauptstadt nicht vor dem Desaster bewahrt. Aktuell kommen auf 100'000 Einwohner täglich rund 415 Neuinfektionen (7-Tage-Schnitt). Und auch in anderen Landesteilen sieht es düster aus. In Toulouse, Nizza, Bordeaux und Marseille wurden bereits die Corona-Regeln verschärft – etwa was den Ausgang betrifft, die Bars und den Verkauf von Alkohol am späten Abend. Doch mit landesweiten Massnahmen zögert die Regierung noch – aus Angst vor den Auswirkungen auf die Wirtschaft.
Quarantäne-Liste für Wien
Wien ist auf der Corona-Karte tiefrot eingefärbt – besonders im Vergleich mit den umliegenden Gebieten. Als einzige österreichische Stadt steht Wien auch auf der Quarantäne-Liste des BAG. Während Österreich die Ausbreitung insgesamt noch gut im Griff hat, ist die Stadt an der Donau stark betroffen. In den vergangenen zwei Wochen infizierten sich pro Tag pro 100'000 Einwohner im Schnitt 233 Menschen.
O'zapft wars in München
Das Oktoberfest wurde zwar abgesagt, doch die Münchner liessen sich das Feiern nicht nehmen: 54 Gaststätten in der Innenstadt bliesen am Wochenende zur Wirtshaus-Wiesn. Dabei hat die bayerische Landeshauptstadt längst ein Corona-Problem. Am Montag beschloss München eine Maskenpflicht auf bestimmten öffentlichen Plätzen und Strassen der Innenstadt. Auch die Zahl der Personen, die sich in München treffen dürfen, wird reduziert: nur noch fünf Personen oder zwei Haushalte – egal, ob privat oder im Restaurant.
London zittert vor Lockdown
Es rumort in der britischen Hauptstadt. Etwa 1000 Demonstranten protestierten am Sonntag in der Londoner Innenstadt gegen die Corona-Massnahmen. Am Trafalgar Square kam es zu Zusammenstössen mit der Polizei. Die Spannungen könnten sich in den nächsten Tagen verschärfen, denn die Signale aus der Politik sind eindeutig: Neue Corona-Regeln werden kommen. Nur welche? Und für wie lange? Das ist unklar. Londons Bürgermeister Sadiq Khan (49) jedenfalls hatte bereits gesagt, dass er angesichts der rapide ansteigenden Fallzahlen nicht mehr warten wolle. Boris Johnson (56) wiederum sagte am Sonntag, man solle «die Massnahmen intensivieren, um die Infektionsrate zu drücken».
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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