Er kam ohne Prozess oder Verurteilung für 60 Tage ins Gefängnis. Mehrere Tage am Stück durfte ein Bub namens Jack (13) im australischen Bundesstaat Queensland seine Zelle nicht verlassen. Zwischenzeitlich wurde dem Aborigine sogar das Trinkwasser verweigert. Der Grund für die Tortur: Im Zuge eines Streits hatte er einen Gleichaltrigen geschlagen. Das berichtet der Sender ABC.
Weil er seinem Kontrahenten das Handy aus der Hand gerissen hatte, als dieser drohte, die Polizei zu rufen, wurde Jack wegen Körperverletzung und Diebstahl festgenommen – und sofort hinter Gitter gesperrt. Dass Jack ihn nicht hätte schlagen sollen, stehe ausser Frage. «Aber ihn dann für insgesamt 60 Tage einzusperren, ist grausam und unangemessen», so Tim Grau, der Anwalt des 13-Jährigen.
Mutter erkennt ihren Sohn fast nicht wieder
Im Februar soll Jack 22 Tage am Stück in seiner Zelle eingesperrt gewesen sein. In den übrigen 38 Tagen habe er nur ab und zu seine Zelle verlassen dürfen. Sogar das Trinkwasser wurde ihm verweigert. «Er hat mir gesagt, er sei so verzweifelt gewesen, dass die Sicherheitskräfte ihm nicht erlaubten, etwas zu trinken, dass er seine Zelle geflutet habe», erzählte seine Mutter.
Zurzeit kämpft sie damit, ihren Sohn wieder an ein normales Leben zu gewöhnen. Ausserdem erkenne sie ihren Jack fast nicht wieder, denn seit seiner Entlassung wirke er «gestresst» und «verschlossen».
Gegen internationale Vorgaben verstossen
Der Fall des 13-Jährigen sorgt weltweit für Entsetzen. Besonders Menschenrechtsaktivisten schlagen Alarm. Denn: Jack sei kein Einzelfall. «Wir wissen von Fällen, in denen Kinder vor Gericht gebracht werden und bereits weit mehr Zeit im Gefängnis verbracht haben als im Falle einer Verurteilung», sagt der Menschenrechtsbeauftragte von Queensland, Scott McDougall, zur ABC.
Der Umgang mit Jack habe nicht nur gegen die Regeln von Queensland verstossen, sondern auch gegen internationale Vorgaben. Ausserdem wird das Strafmündigkeitsalter in Australien schon lange kritisiert.
Deutschland diskutiert über Strafmündigkeit
Anders als in Australien, wo Kinder ab 10 Jahren strafmündig sind, werden in Deutschland Minderjährige erst ab 14 Jahren bestraft. Und: Sie kommen nicht sofort in den Knast, sondern werden mit Massnahmen bestraft. Allerdings wird die Strafmündigkeit in Deutschland zurzeit diskutiert.
Anlass dafür sind die zunehmende Jugendgewalt und zwei besonders furchtbare Fälle: Zuerst sorgte der Tod von Luise F.*(†12) aus Freudenberg (D) für Schlagzeilen. Sie wurde von ihren ehemaligen Mitschülerinnen, 12 und 13 Jahre alt, mit mehreren Messerstichen getötet. Aber auch die Mädchengruppe aus Heide (D) sorgte für Entsetzen. Die Gang soll ein 13-jähriges Mädchen über Stunden gequält und dies auf Video festgehalten haben. In beiden Fällen war die Täterschaft minderjährig. Das wirft die Frage auf, ob das Strafmündigkeitsalter auf 12 Jahre gesenkt werden soll.
In der Schweiz sind Zehnjährige strafmündig
In der Schweiz liegt das Strafmündigkeitsalter wie in Australien bei zehn Jahren. Statt Kinder zu bestrafen, geht es dabei vielmehr darum, sie in einem jungen Alter von weiteren Straftaten abzuschrecken. Im Normalfall kommt es daher lediglich zu einer Verwarnung oder die jungen Straftäter müssen während maximal 10 Tagen persönliche Leistungen erbringen. In ganz schlimmen Fällen könnten Jugendliche ab dem 15. Lebensjahr für maximal ein Jahr ins Gefängnis wandern. Ab dem 16. Lebensjahr sind Haftstrafen von bis zu vier Jahren möglich. (lia)
*Name bekannt