Bei den bisher schwersten Raketenangriffen auf Israels Küstenmetropole Tel Aviv seit Beginn des Nahostkonflikts sind mindestens drei Menschen getötet worden. Nach Angaben der Rettungsorganisation Zaka starb am Dienstagabend eine Frau in der Stadt Rischon Lezion bei einem direkten Einschlag, bei einer zweiten Angriffswelle am frühen Mittwochmorgen wurden laut der Polizei in Lod bei Tel Aviv ein Mann und eine Teenagerin getötet. Zaka hatte zunächst von einer Frau und einem Kind gesprochen. In Jehud, ebenfalls im Grossraum Tel Aviv, sei ein Haus direkt getroffen worden.
Die islamistische Hamas erklärte am Dienstagabend, 130 Raketen aus dem Gazastreifen auf Tel Aviv und Zentralisrael abgefeuert zu haben. Letztlich dürften es weit mehr geworden sein, denn der gegenseitige Beschuss hielt auch in der Nacht zum Mittwoch an.
Steigende Opferzahlen auf beiden Seiten
Auch am frühen Mittwochmorgen wurde in Tel Aviv binnen kurzer Zeit mehrfach Raketenalarm ausgelöst. In der Stadt waren heulende Warnsirenen und mehrere Explosionen zu hören. «Familien werden aufgeweckt und eilig in Schutzräume gebracht», hiess es auf der Twitter-Seite der israelischen Armee. Auch in der Wüstenstadt Beerscheva im Süden des Landes sowie in der Küstenstadt Aschkelon gab es Raketenalarm.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza stieg die Zahl der getöteten Palästinenser auf 35, darunter zwölf Kinder und drei Frauen. 233 Menschen seien verletzt worden.
Bürgerkriegsähnliche Zustände
Der Bürgermeister der Stadt Lod, Yair Revivo, bat die Regierung, in der jüdisch-arabischen Stadt in Zentralisrael den Ausnahmezustand mit Ausgangssperren zu verhängen und Truppen zu entsenden. «Das ist zu viel für die Polizei», zitiert die «Times of Israel» Revivo. «Dies ist die Kristallnacht in Lod», sagte er in Andeutung auf das NS-Pogrom gegen deutsche Juden im Jahr 1938.
All die Aufbau- und Versöhnungsarbeit über die vergangenen Jahre sei zunichtegemacht. Revivo sprach von einer «Intifada arabischer Israelis». Den Behörden sei die Kontrolle völlig entglitten: «Synagogen werden in Brand gesteckt. Hunderte von Autos stehen in Flammen. Hunderte arabischer Schläger durchstreifen die Strassen.» In seiner Stadt sei «ein Bürgerkrieg ausgebrochen». Orthodoxe Juden hätten Waffen. Revivo flehte sie an, nach Hause zurückzukehren.
Neben dem getöteten Mann und der Teenagerin in Lod starb dort zudem ein 25-jähriger Araber durch Schüsse. Ein 34-Jähriger wurde daraufhin festgenommen, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Nach Medienberichten handelt es sich bei dem Tatverdächtigen um einen jüdischen Einwohner der Stadt, die in der Nähe des internationalen Flughafens Ben Gurion liegt.
«Harter» Angriff angedroht
Die israelische Armee hatte zuvor ein Gebäude mit Büros von Mitgliedern des Hamas-Politbüros und Sprechern der islamistischen Palästinenserorganisation im Gazastreifen zerstört. Die Anwohner des Gebäudes wurden vor dem Angriff von den israelischen Streitkräften gewarnt und angehalten, das Haus zu verlassen, wie Augenzeugen am Dienstagabend berichteten.
Der gegenseitige Beschuss hielt auch in der Nacht zum Mittwoch an. Die Hamas werde keinen Rückzieher machen, sagte ein Sprecher der militanten Islamisten im Gazastreifen. «Wenn Israel zuschlägt, schlägt der bewaffnete Widerstand zurück.» Die israelische Armee teilte in der Nacht mit, sie habe in den vergangenen Stunden «eine Reihe wichtiger Terrorziele und Terroraktivisten im Gazastreifen getroffen».
Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hatte sich in den vergangenen Tagen wieder zugespitzt. Militante Palästinenser feuerten nach Angaben der israelischen Armee innerhalb eines Tages rund 480 Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel ab. Israels Luftwaffe beschiesst Ziele in dem abgeschotteten Küstengebiet. (cat/kes/bra/SDA)