«Ich fühle mich gut, wieder bei meiner Familie zu sein», sagte der Zehntklässler Niaz Muhammad der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. In einer hochgefährlichen Rettungsaktion waren er und die sieben anderen am Dienstagabend nacheinander aus der Gondel geholt worden, die nur noch an einem einzigen Seil hunderte Meter über einem Tal in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa hing. Mehr als 15 Stunden hatten sie zuvor darin ausgeharrt.
Das Vertrauen in die Lifte sei erschüttert, erklärten Familienangehörige. «Ich bin mir nicht sicher, ob Schulkinder die Seilbahn noch einmal benutzen werden», sagte Muhammads Vater Umar Zaib. Niaz Muhammad war auf dem Weg zur Schule, als am Dienstagmorgen plötzlich zwei Kabel am Lift rissen. Sein Sohn habe starke Nerven, aber es werde eine Weile dauern, bis er die Erfahrung verarbeitet habe. Auch an der Schule in der Region im Landesnorden sprachen Lehrer und Angehörige über die Konsequenzen.
In den nördlichen Bergregionen Pakistans nutzen täglich viele Bewohner auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit Seilbahnen, etwa um Täler oder Flüsse zu überqueren. Die Seilbahnen in der Provinz sind auch als «Gardi» bekannt, ihre Gondeln werden oft aus alten Autoteilen gefertigt und ohne Erlaubnis installiert, wie die pakistanische Zeitung «Dawn» berichtete.
Das Strassennetz ist in den zerklüfteten Regionen des Nordens weniger ausgebaut. Im betroffenen Tal etwa sparten die Schüler jeden Tag einen weiten Fussweg, wenn sie die nur einminütige Fahrt der Seilbahn nutzten. Oft sind die Seilbahnen schlecht gewartet. Immer wieder gab es auch Kritik an der Sicherheit der Lifte. Im Jahr 2017 etwa kamen bei einem Unfall an einer Seilbahn elf Menschen ums Leben.
Unterdessen forderte Pakistans Präsident Arif Alvi eine «umfassende Untersuchung» aller Lifte der Region in dem südasiatischen Land. Auch der geschäftsführende Premierminister Anwaarul Haq Kakar äusserte sich ähnlich. Kakar lobte den Rettungseinsatz: «Unser Militär, die Verwaltung und die lokalen Champions haben Hand in Hand der Gefahr getrotzt und ein neues Kapitel der Tapferkeit geschrieben», schrieb der Premier auf X, ehemals Twitter. «Der Geist unserer Nation erstrahlt heute am hellsten. Wir sind stolz auf unsere Helden!»
Spezialkräfte der Armee hatten am Dienstag bis zum Einbruch der Dunkelheit versucht, die Insassen der Gondel über dem Tal im Landesnorden zu befreien. Zwei Schüler wurden durch Kommandosoldaten schliesslich gerettet. Mit Einbruch der Dunkelheit unterbrachen die Kommandos die Aktion dann zunächst. Mutige Anwohner setzen die Rettung jedoch nach enger Absprache mit dem Militär fort. Sie hangelten sich mit Vorrichtungen an dem Draht zur Gondel vor und befreiten zuerst drei weitere Schüler und dann die restlichen Insassen.
In weiten Landesteilen verfolgten Bewohner das äusserst riskante Vorgehen im Fernsehen. Sorgen bereiteten den Helfern dazu die Wetterbedingungen in den Bergen, die sich schnell ändern können. Auch die Rotorbewegungen des Militärhubschraubers hätten das Stahlseil destabilisieren können. Medikamente und Wasser hatte ein Soldat den Kindern zu Beginn der Rettungsaktion bereits überreicht.
(SDA)