Im Hafen von Porto Empedocle auf Sizilien haben 180 Geflüchtete das private Rettungsschiff Ocean Viking verlassen, um auf die italienische Quarantänefähre Moby Zaza zu wechseln. Das teilte die Hilfsorganisation SOS Mediterranee am Dienstagmorgen mit.
«Wir sind einfach erleichtert, dass alle an Land gehen konnten», sagt Eva Ostendarp (29), Sprecherin von SOS Mediterranee, zu BLICK. Die Ausschiffung begann am späten Montagabend um kurz vor Mitternacht. Um 3.15 Uhr ging der Letzte von Bord. Alle Geretteten mussten sich vorgängig einem Corona-Test unterziehen.
Was mit den Flüchtlingen nun geschieht? Das weiss SOS Mediterranee nicht. «Uns wurde nicht mal offiziell kommuniziert, dass die Flüchtlinge auf die Quarantänefähre gehen», sagt Sprecherin Eva Ostendarp. Die Hilfsorganisation habe die Geflüchteten quasi blind an die Behörden übergeben. Auch wie es mit der 22-köpfigen Crew und dem Rettungsschiff weitergeht, sei noch unklar. «Wir warten auf Anweisungen der Behörden.»
Tägliche Fieber- und Symptomkontrolle
Die Besatzung der Ocean Viking hatte insgesamt 181 Menschen am 25. und 30. Juni aus dem Mittelmeer gerettet. Der Leiter des Such- und Rettungsteams ist ein 31-jähriger Schweizer aus Genf. Für die Crew war es der erste Einsatz unter Corona-Bedingungen.
Alle Geflüchteten an Bord des ehemaligen Offshoreversorgers wurden einer täglichen Fieber- und Symptomkontrolle unterzogen. Ein Corona-Verdachtsfall musste im Laufe der Woche evakuiert werden – er wurde später negativ getestet. Trotz insgesamt sieben Anfragen bei den zuständigen Rettungsleitstellen in Malta und Italien war der Ocean Viking kein sicherer Hafen zugewiesen worden.
Ocean Viking rief Notstand aus
Nach insgesamt sechs Selbstmordversuchen am Donnerstag und Freitag hatte die Crew der Ocean Viking am Freitagabend den Notstand ausgerufen und die Behörden um dringende Hilfe gebeten. Einige der Flüchtlinge an Bord traten in einen Hungerstreik.
Erst nach langem Zögern gab die Regierung in Rom am Wochenende ihre Zustimmung, die Geretteten auf dem Quarantäneschiff Moby Zaza in Sizilien aufzunehmen. Dort musste nach Angaben der italienischen Behörden jedoch erst Platz geschaffen werden. Die Ocean Viking ankerte am Montag vor Porto Empedocle in Sizilien.
«Die Wartezeit war sehr schwierig für die Geretteten, weil wir den ganzen Tag keine weiteren Informationen oder Anweisungen von den italienischen Seefahrtsbehörden bekommen haben», so Sprecherin Eva Ostendarp.
Italien und Malta haben sich zu «nicht sicheren Häfen» erklärt
Auf Twitter bedankte sich SOS Mediterranee für die Unterstützung von Bürgern und Organisatoren. Die Hilfsorganisation erinnerte aber auch daran, dass das Drama noch nicht vorbei ist. «Wir fordern die #EU dringend auf, sofort die Ausschiffung der Überlebenden von der #Talia zu ermöglichen», twitterte die Hilfsorganisation.
Das libanesische Frachtschiff Talia hat am Freitag 52 Menschen aus Seenot gerettet. «Mir gehen Essen und Wasser für sie aus», sagte Kapitän Mohammad Shaaban laut «Al Jazeera». Auch ihm verweigern Italien und Malta bislang die Anlandung.
Beide Länder haben sich in der Corona-Pandemie zu «nicht sicheren Häfen» erklärt. Zuletzt nahmen Rom und Valletta zwar wieder Menschen von Schiffen auf, doch die Länder zögern mit der Zuweisung von Häfen oft lange. Sie fordern von anderen EU-Staaten regelmässig Zusagen für die Weiterverteilung der Menschen.