Kaum jemanden würden die Wahlen in Grönland interessieren, wenn nicht Donald Trump (74) im Sommer 2019 die Insel zu einem US-Bundesstaat hätte machen wollen. Damals verglich der ehemalige US-Präsident einen Kauf von Grönland mit einem «grossen Immobilien-Deal» und fügte hinzu: «Wir haben Interesse.»
Es lockten neues, vom Eis frei werdendes Land sowie immense Bodenschätze. Die Empörung in Grönlands Hauptstadt Nuuk sowie in Dänemark, zu dem die knapp 2,2 Millionen Quadratkilometer grosse und 56’000 Einwohner zählende autonome Insel gehört, war riesig. Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen (43) sprach von einer «absurden Diskussion».
Trumps Traum löste sich in Luft auf, wegen der Wut der Dänen sagte er sogar eine geplante Reise nach Kopenhagen ab.
Interner Zank
Nun wird in diesem abgeschiedenen Erdteil gewählt, und zwar gleich dreimal: Neben Kommunal- und Gemeindewahlen findet am Dienstag auch eine um ein Jahr vorgezogene Parlamentswahl statt. Ein Wahlergebnis dürfte am Mittwoch feststehen.
Grund für die Neuwahl ist der Zusammenbruch der Regierungskoalition. Der seit 2014 regierende Sozialdemokrat Kim Kielsen hatte im November 2020 den Vorsitz seiner Partei Siumut an seinen internen Widersacher Erik Jensen (46) verloren, der ebenfalls Regierungschef werden will. Die Partei Demokraatit hatte im Februar im Zuge des Ärgers bei Siumut und Unstimmigkeiten über ein grosses Minenprojekt die Koalition verlassen, Siumut fehlt seitdem eine Regierungsmehrheit. Die Folge: Neuwahlen.
Umfragen sagen der sozialistischen Partei Inuit Ataqatigiit (IA) einen klaren Sieg voraus.
Jagd auf Seltene Erden
Im Vordergrund stehen bei den Wahlen laut Sara Olsvig vom Institut für Sozialwissenschaften an der Universität von Grönland drei Themen:
Dauerthema Fischfang: Er macht 90 Prozent der Exporte aus. Nun muss auf die Nachhaltigkeit geachtet und dafür gesorgt werden, dass es auch für künftige Generationen noch genügend Fisch gibt.
Ausbau Flughäfen: Strassen gibt es im zu vier Fünfteln mit Eis überdeckten Gebiet nur wenige. Daher sollen drei Flughäfen neu- bzw. ausgebaut werden.
Versteckter Reichtum: Grösster Zankapfel ist jedoch ein Minenprojekt in der Nähe des Ortes Narsaq in Südgrönland. Ein in Australien ansässiges Unternehmen plant seit langem, in dem Gebiet radioaktives Uran sowie Seltene Erden zu gewinnen, die in Elektrogeräten wie Laptops, Smartphones und Kameras gebraucht werden. Das kann zwar Arbeitsplätze und Einnahmen in Höhe von umgerechnet knapp 200 Millionen Euro pro Jahr bringen, aber auch negative Folgen für Natur, Umwelt und Gesundheit.
Faxgeräte abgeworfen
Wegen der schlechten Verkehrsverbindung wurden Wahlzettel per Flugzeug oder Schiff verteilt, Wahllokale in Kirchen oder in der Stube einer Gemeindepräsidentin eingerichtet.
Damit auch die mobilen Patrouillen, die auf dem Eis unterwegs sind, wählen können, werden ihnen die Wahlzettel vom Flugzeug aus abgeworfen. Wie aber kommen die Zettel zum Urnenbüro? Ganz einfach: Mit den Wahlzetteln werden gleichzeitig auch Faxgeräte abgeworfen.
Die Wahlen im Niemandsland interessieren auf einmal die ganze Welt. Trumps dreistem Angebot sei Dank. Grönlands Premierminister Kim Kielsen stellte im dänischen Radio erneut klar: «Grönland ist kein Gegenstand, den man einfach so kaufen kann.» (gf/sda)