Nach 30-jähriger Suche kamen Ermittler der meistgesuchten Frau Deutschlands auf die Spur
So wurde RAF-Terroristin Klette geschnappt

Mehr als 30 Jahre hat sich Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette im Berliner Untergrund versteckt. Am Dienstagnachmittag nahmen Polizisten die Rentnerin nach 30-jähriger Fahndung fest. Was wir über die Festnahme wissen und wie es jetzt weitergeht.
Publiziert: 28.02.2024 um 18:01 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2024 um 22:28 Uhr
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Daniela Klette sitzt hinter Gittern.
Foto: Facebook
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Janine EnderliRedaktorin News

Die meistgesuchte Frau Deutschlands ist gefasst. Am Dienstag wurde die frühere Terroristin der Rote Armee Fraktion (RAF) Daniela Klette festgenommen. Die Festnahme der 65-Jährigen könnte wichtige Hinweise über noch immer unaufgeklärte Verbrechen der RAF liefern. Inzwischen kommen immer mehr Details über die Entlarvung der 65-Jährigen ans Licht. Was du zum Fall Klette wissen musst. 

Wie enttarnten die Ermittler Klette nach 30 Jahren?

Den entscheidenden Hinweis erhielten die Ermittler im November 2023 aus der Bevölkerung, heisst es beim Landeskriminalamt Niedersachsen. Klar ist: Der Hinweis führte nach Berlin-Kreuzberg, zu einer Frau, die sich Claudia Ivone nannte.

Laut Angaben des Landeskriminalamtes Niedersachsen lebte Klette in ihrer Berliner Wohnung Jahrzehnte unter falscher Identität. Offenbar war Klette in einem brasilianischen Kulturverein in Berlin aktiv, in dem Capoeira getanzt wurde. 

Neben Ermittlungen in Vereinen und in der autonomen Szene Berlins übten die Ermittler ausserdem Druck auf die Familienmitglieder der Gesuchten aus, wie Focus Online berichtet. Hierzu wurden Briefe und Computer ausgewertet. Bei mutmasslichen Unterstützern der RAF-Leute sollen die Behörden ebenfalls versucht haben, an Klette und ihre zwei Komplizen Ernst-Volker Staub (69) und Burkhard Garweg (55) zu gelangen. 

Welche Rolle spielte ein Podcast?

Vor ein paar Monaten hat der Podcast «Legion» von der Produktionsfirma Undone und der ARD Klette beinahe gefunden, wie aus einer Spiegel-Recherche hervorgeht. Die ARD-Reporter hatten schon damals die Vermutung, dass es sich bei der Frau aus dem Kulturverein um Klette handelt. 

Der Journalist Khesrau Behroz schreibt auf X: «In unserem Podcast letztes Jahr haben wir Claudia aus Schutz ‹Felizia› genannt – und vermutet, dass es sich dabei um Daniela Klette handelt. Jetzt wissen wir: Wir lagen richtig.»

Was wird den RAF-Rentnern vorgeworfen?

Die Staatsanwaltschaft Verden (Niedersachsen) legt Klette unter anderem mehrere Raubtaten und versuchten Mord zur Last, die sie mutmasslich gemeinschaftlich mit ihren Komplizen Staub und Garweg begangen haben soll. 

Zudem soll Klette 1990 an einem gescheiterten Sprengstoffanschlag auf die Deutsche Bank beteiligt gewesen sein. Im Jahr darauf soll sie Teil eines RAF-Kommandos gewesen sein, das Schüsse auf die US-Botschaft in Bonn abfeuerte. Und 1993 soll sie gemeinsam mit Staub und Garweg einen Gefängnisneubau in Hessen gesprengt haben. 

Die wohl letzte Tat der RAF-Rentner hat sich 2015 zugetragen: Ein Trio versuchte, vor einem Einkaufsmarkt in Niedersachsen, einen Geldtransporter zu überfallen. Weil Waffen im Spiel waren, geht es dabei um versuchten Mord. Die Hauptverdächtigen: Klette, Staub und Garweg.

Wer sind Klettes Komplizen?

Nach dem 69-jährigen Staub und dem 55-jährigen Garweg wird weiterhin intensiv gefahndet. Das Trio soll der dritten Generation der RAF-Terroristen angehört haben. Diese Generation soll unter anderem den damaligen Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und den Treuhand-Chef, Detlev Karsten Rohwedder, getötet haben. Täter und Motiv blieben bis heute ungeklärt. 

Die Festnahme Klettes könnte entscheidend dabei helfen, das Leben des Trios zu rekonstruieren. Die Ermittler dürften hoffen, mit Klette als Kronzeugin, auch an Garweg und Staub zu kommen. 

Was sagt Klette zu ihrer Verhaftung?

Die 65-Jährige bestritt nach Angaben der Ermittler ihre Identität nicht. Zudem habe sie fast ein bisschen erleichtert gewirkt, heisst es. Sinngemäss hat sie laut Recherchen vom «Spiegel» gesagt, «irgendwann ist es vorbei».

Zu konkreten Tatvorwürfen soll sich Klette bisher noch nicht geäussert haben. In ihrer Berliner Mietwohnung fanden die Beamten eigenen Angaben zufolge zwei Magazine für eine Pistole sowie Munition. Weshalb Klette die Gegenstände in der Wohnung hatte und woher sie stammen, ist noch unklar. 

Welche Strafen drohen jetzt?

Daniela Klette wurden sechs Haftbefehle wegen verschiedener Überfälle verkündet. Für die Raubüberfälle könnte Klette bis zu 15 Jahre in Haft kommen. Gleiches gilt für den Tatbestand des versuchten Mordes. Dieser verjährt nicht. Raubüberfälle dagegen dürfen 20 Jahre nach der Tat nicht mehr bestraft werden.

Die Strafe kann noch höher ausfallen, wenn Klette nachgewiesen werden kann, dass sie an den Terror-Taten der RAF beteiligt war. Tritt dieser Fall ein, wird die Generalbundesanwaltschaft eingeschaltet.

Wer wurde noch festgenommen?

Ermittler haben am Mittwoch laut der «Hannoversche Allgemeine» eine weitere Person festgenommen. Es wird geklärt, ob es sich dabei um einen von Klettes ehemaligen Komplizen handelt. Noch am Dienstag war eine zweite Person festgenommen, am Mittwoch jedoch wieder laufengelassen worden.

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