Die entscheidenden Beratungen über das Brexit-Abkommen im britischen Unterhaus haben mit einer Niederlage für die Regierung von Premierministerin Theresa May begonnen. Die Abgeordneten stimmten am Dienstag mit 311 gegen 293 Stimmen für eine von der oppositionellen Labour-Partei eingebrachte Vorlage, die der Regierung eine Missachtung des Parlaments bescheinigt.
Hintergrund für die Abstimmung ist ein Streit um die Vorlage eines internen Rechtsgutachtens der Regierung. Die Niederlage am Dienstag verdeutlichte abermals, wie schwach die Stellung der Premierministerin im Unterhaus ist. Nach dem Votum der Abgeordneten kündigte ihre Regierung umgehend an, das strittige Dokument am Mittwoch vollständig zu veröffentlichen.
Wurden Staatsgeheimnisse verletzt?
Es handelt sich dabei um eine juristische Einschätzung des britischen Generalstaatsanwalts Geoffrey Cox zum Brexit-Abkommen, das Mays Unterhändler mit der EU ausgehandelt haben. Cox hatte das Gutachten zunächst nur in Auszügen an das Parlament weitergeleitet und argumentiert, dass eine vollständige Vorlage «dem öffentlichen Interesse entgegen» stünde und Staatsgeheimnisse offenbaren würde.
Daraufhin hatten aufgebrachte Abgeordnete für Dienstag eine Debatte über Parlamentsmissachtung angesetzt. Eigentlich hätte bereits am Dienstagmittag die auf fünf Tage angesetzte Debatte über den Austrittsvertrag beginnen sollen. Angesichts des parteiübergreifenden Widerstands gegen die Vorlage ist sehr fraglich, ob May dafür bei der endgültigen Abstimmung am 11. Dezember eine Mehrheit bekommt.
Die Abgeordneten stimmten am Dienstag ausserdem für einen Zusatzartikel, der ihnen mehr Mitspracherecht einräumt, falls das Brexit-Abkommen im Parlament keine Mehrheit findet.
«Enorme verfassungsrechtliche Bedeutung»
Der Brexit-Experte der Labour-Opposition, Keir Starmer, bezeichnete es als «beispiellos», dass das Parlament der Regierung eine Missachtung bescheinigt. Das Votum vom Dienstag habe «enorme politische und verfassungsrechtliche Bedeutung».
May warb in ihrer Rede vor den Abgeordneten abermals um eine Zustimmung zum Brexit-Abkommen. Der anhaltende Streit «wirkt zersetzend auf unsere Politik», sagte die Regierungschefin. Das Leben bestehe nun einmal aus Kompromissen. May betonte, dass der vorliegende Austrittsvertrag den Willen der britischen Wähler widerspiegle.
Oppositionsführer Jeremy Corbyn nannte Mays Brexit-Plan hingegen einen «riesigen und schädlichen Misserfolg» für Grossbritannien.
Brexit-Gegner hoffen auf Aufwind
Auftrieb erhofften sich die Brexit-Gegner von einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Der dortige Generalanwalt vertrat am Dienstag die Auffassung, dass Grossbritannien den in Brüssel eingereichten Antrag auf Austritt aus der EU einseitig wieder zurückziehen könne.
Die Möglichkeit einer Rücknahme der Brexit-Erklärung besteht nach Ansicht von Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona bis zum Zeitpunkt des endgültigen Abschlusses des Austrittsabkommens.
Wann und ob eine Entscheidung in dem EuGH-Verfahren fällt, blieb zunächst unklar. Es war von Brexit-Gegnern aus verschiedenen britischen Parteien angestrengt worden.
Die politische Bedeutung dieser Rechtsfrage ist momentan eher theoretisch: Keine nennenswerte politische Kraft in Grossbritannien plädiert dafür, den Brexit kurzerhand durch eine Rücknahme der Austrittserklärung abzuwenden. Die Debatte dreht sich vielmehr um die Frage, ob vor dem Vollzug des Austritts noch ein Referendum abgehalten werden soll.
Brexit-Gegner in Grossbritannien begrüssten das Urteil dennoch: Es weise «einen Weg aus den Brexit-Wirren», sagte der schottische Abgeordnete Alyn Smith, der zu den Klägern zählte.
Ein Sprecher von Premierministerin Theresa May erklärte, die Stellungnahme des EU-Generalanwalts ändere nichts, da die Regierung ohnehin nicht plane, die Austrittserklärung zu widerrufen. (SDA)
Mit Brexit ist der Austritt des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union gemeint. In einem Referendum über Austritt oder Verbleib ihres Landes in der EU stimmten die Briten im Juni 2016 mit rund 52 Prozent für den Brexit.
Was für Folgen hat der Brexit?
Mit dem Brexit verliert die Europäische Union nicht nur ein Mitglied mit einer starken Volkswirtschaft. Es bedeutet auch den bisher grössten Rückschlag für die Idee eines vereinigten Europas, die von vielen europäischen Politikern vorangetrieben wird.
Viele Fragen zu den Folgen des Brexits sind offen. Für einige EU-Länder ist das Vereinigte Königreich ein wichtiger Absatzmarkt für seine Produkte innerhalb der EU. Vor diesem Hintergrund wird dort vor allem über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits für den Exportsektor diskutiert. Viel gravierender wirkt sich der Brexit auf die Freizügigkeit bei Reisen von und nach Grossbritannien aus. Nicht viel ändern wird sich für Touristen aus den Ländern des Schengenraums, zu denen auch die Schweiz gehört. Ganz anders sieht es für Arbeitnehmer aus, die nicht mehr frei nach Grossbritannien einreisen können, um dort zu arbeiten. Aktuell betrifft dies vor allem viele Bürger aus osteuropäischen EU-Ländern, die in Grossbritannien leben und arbeiten.
Mit Brexit ist der Austritt des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union gemeint. In einem Referendum über Austritt oder Verbleib ihres Landes in der EU stimmten die Briten im Juni 2016 mit rund 52 Prozent für den Brexit.
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