Ein Video der Widerstandskämpferin Hadis Najafi (†20), aufgenommen am 21. September, geht momentan um die Welt. Die junge Frau mit den blonden Haaren steht nachts auf einer Strasse. Sie bindet sie zu einem Zopf am Hinterkopf zusammen und stellt sich mutig in die Mitte eines Protestes in Karaj im Iran. Wenige Stunden später ist sie tot. Sechs Kugeln, abgefeuert aus den Gewehren der Sicherheitskräfte, trafen Najafi in Brust, Gesicht und Hals.
Bereits zuvor war sie ein Star im Netz. Auf Social Media und besonders auf Tiktok postete sie Tanzvideos. Jetzt wird Najafi auch zum Symbol des iranischen Widerstands.
Proteste wegen des Todes von Mahsa Amini
Im Iran protestieren die Menschen seit anderthalb Wochen im ganzen Land. Auslöser war der Tod von Mahsa Amini (†22). Die junge Frau war von der Sittenpolizei festgenommen worden, da sie ihr islamisches Kopftuch nicht gemäss den strengen gesetzlichen Regelungen getragen haben soll. In der Polizeiwache brach Amini zusammen und wurde drei Tage nach ihrer Verhaftung für tot erklärt. Die Polizei sagt, sie habe einen Herzinfarkt gehabt. Laut Menschenrechtsaktivisten erlitt Amini jedoch einen tödlichen Schlag auf den Kopf.
Mindestens 76 Menschen getötet
Die Folge waren landesweite Proteste, vor allem von Frauen. Sie werden brutal niedergeschlagen. Angaben von Menschenrechtsaktivisten zufolge wurden dabei bislang mindestens 76 Menschen getötet. Darunter seien allein am Donnerstagabend sechs Menschen von Sicherheitskräften in Reswanschahr in der nordiranischen Provinz Gilanersch erschossen worden. Das teilte die Organisation Iran Human Rights (IHR) am darauffolgenden Tag mit.
Videoaufnahmen und Sterbeurkunden, die der Organisation vorliegen, bewegten IHR-Direktor Mahmood Amiry-Moghaddam zu der Aussage, es werde «scharfe Munition direkt auf Protestierende abgefeuert». Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, «entschieden und vereint konkrete Schritte» gegen die «Tötung und Folter» von Demonstranten zu unternehmen.
Trotz Tausender Festnahmen und dem gewaltsamen Vorgehen der Polizei legen sich die Proteste im Iran nicht. Im Gegenteil: Mittlerweile haben sie sich IHR-Angaben zufolge auf zirka 80 Städte ausgeweitet.
«Unsere Haare werden islamische Diktatoren stürzen»
Hadis Najafis Tod erfährt einen grossen Nachhall in den sozialen Nezwerken. Die Journalistin und Frauenrechtlerin Masih Alinejad veröffentlichte zum Tod der jungen Frau einen Post, der vielfach geteilt wurde. Sie schreibt, Hadis Najafi müsse «ein weiteres Symbol wie #MahsaAmini werden, weil sie angesichts der Tyrannei nicht geschwiegen hat». Weiter appelliert sie: «Sie wurde für das Verbrechen getötet, gegen den brutalen Tod von Mahsa zu protestieren. Ich fordere die Welt auf, auch die Stimme von Hadis Najafi zu sein.» Najafi sei «eine wahre Heldin».
Najafis Schwester hat Alinejad dem Portal «iranwire.com» zufolge erzählt, dass die junge Frau «gebrochen wegen des Todes von Mahsa Amini» gewesen sei.
In Zürich schneiden sich Frauen ihre Haare aus Solidarität ab
Zum Video der getöteten Hadis Najafi schreibt die Journalistin Alinejad: «Diese Iranerin bereitet sich darauf vor, den Sicherheitskräften von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen. Das iranische Regime hat Waffen und Kugeln, aber sie haben Angst vor unseren Haaren.» Sie fordert: «Lasst uns eine Haarrevolution haben. Unsere Haare werden islamische Diktatoren stürzen.»
Diese Forderung findet Gehör – und das auch ausserhalb des Irans. In Zürich kamen am Samstag mehrere Hundert Menschen auf dem Stauffacher zusammen, um auf die Lage im Iran aufmerksam zu machen. Aus Solidarität schnitten sich einige Frauen ihre Haare ab. (hei)