Nach dem Tod einer 22-jährigen Iranerin halten die Proteste im Iran an. Dutzende Städte sind von den Unruhen betroffen. Wie das Staatsfernsehen am Donnerstag berichtete, sind bei den Protesten bereits 17 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern seien sowohl Sicherheitskräfte als auch Demonstranten.
Nähere Details wurden nicht genannt. Auslöser der Proteste ist der Tod der Iranerin Mahsa Amini (†22). Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstosses gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen.
Berichte von Schüssen mit scharfer Munition
Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Spital. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. Seitdem demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung.
In zahlreichen Städten lieferten sich Demonstranten in der Nacht zum Donnerstag erneut Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die laut Augenzeugen nach einer massiven Einschränkung des Internets mit Härte vorgingen. Auf Videos, die nicht verifiziert werden konnten, wird von Schüssen mit scharfer Munition berichtet.
Soziale Netzwerke wurden gesperrt
Das Internet ist massiv eingeschränkt und insbesondere mobile Netzwerke sind weitgehend abgeschaltet. Auch Instagram als eines der letzten freien sozialen Netzwerke wurde gesperrt. Einige reichweitenstarke iranische Nachrichtenportale, die über die Proteste berichtet hatten, waren im Ausland nicht mehr erreichbar. Auf den Webseiten der staatlichen Medien wurden die Demonstrationen wenig thematisiert. Die Regierung ihrerseits rief zu Gegendemonstrationen nach dem Freitagsgebet auf.
Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen sehen viele Frauen die Regeln inzwischen aber eher locker und tragen beispielsweise ihr Kopftuch nur auf dem Hinterkopf – zum Ärger erzkonservativer Politiker. Religiöse Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger anwenden zu lassen.
Iranischer Präsident wollte, dass Journalistin Kopftuch trägt
Christiane Amanpour, langjährige Korrespondentin des US-Senders CNN berichtete, dass sie ein Interview mit Irans Präsidenten Ebrahim Raisi am Rande der UN-Vollversammlung in New York geplant hatte. Raisi sei aber nicht zum vereinbarten Termin erschienen. «Nach wochenlanger Planung und acht Stunden Aufbau von Übersetzungsgeräten, Licht und Kameras waren wir bereit. Aber keine Spur von Präsident Raisi», schrieb die Journalistin Christiane Amanpour am Donnerstag auf Twitter.
Stattdessen sei ein Mitarbeiter Raisis 40 Minuten später gekommen und habe gesagt, der Präsident schlage vor, dass Christiane Amanpour ein Kopftuch trage.
«Ich habe höflich abgelehnt. Wir sind in New York, wo es keine Gesetze oder Traditionen in Bezug auf Kopftücher gibt. Ich wies darauf hin, dass kein früherer iranischer Präsident dies verlangt hat, wenn ich ihn ausserhalb des Irans interviewt habe.» Kein iranischer Präsident zuvor habe das Tragen eines Kopftuches verlangt, wenn er ausserhalb des Irans interviewt worden sei. Der Mitarbeiter Raisis habe erklärt, das Kopftuch sei eine Frage des Respekts und habe auf die Lage im Iran hingewiesen.
Präsident Raisi ist erstmals seit Beginn seiner Amtszeit in die USA gereist. Dort sprach er am Mittwoch vor der UN-Vollversammlung. (SDA)