Es ist ein mehr als skurriler Konflikt, über den die österreichische «Kronen-Zeitung» am Mittwoch berichtet. Ein Landarzt in der Gemeinde Turnau wurde als Leiter einer Lehrpraxis entlassen, weil er in einer E-Mail Kritik an der geschlechtsneutralen Sprachwahl der Medizinischen Universität Graz übte. Laut eigenen Angaben steht der Mann dem Gendern aber keineswegs feindlich gegenüber.
Im Gespräch mit dem Blatt wehrt sich der Mediziner, der drei Töchter hat und acht weibliche Angestellte beschäftigte. «Als indirekt Betroffener bin ich mit strukturellen geschlechterbedingten Ungerechtigkeiten also durchaus vertraut», sagt er.
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«Ein/e Studierende(r)»
Norbert Kroissenbrunner stört allerdings «das willkürliche Durchsetzen von Rechtschreibregeln» vonseiten der Hochschule. «Gender-Sternchen und Binnen-I sind nichts anderes als Blendgranaten, um von den tatsächlichen Problemen abzulenken», poltert er.
Welcher Text war es also, der den Allgemeinmediziner zu seiner Kritik-Mail veranlasste? «Da kürzlich (ein/e) Studierende(r) an Ihrer Lehrordination ausgebildet wurde(n), laden wir Sie hiermit ein, Ihre Erfahrungen rückzumelden», hiess es in einer Nachricht der Uni. «Ich schrieb zurück, man könne mir gerne eine Umfrage schicken, wenn man sich an geltende Grammatikregeln hält. Immerhin verlangt der Rat für deutsche Rechtschreibung, dass geschlechtergerechte Texte lesbar sein müssen», erläutert Kroissenbrunner.
Die Replik reichte für die Medizinische Universität Graz aus, um eine Kündigung auszusprechen. Man müsse aufgrund des Inhalts davon ausgehen, «dass Sie als Lehrordinationsleiter nicht dieselben Werte wie die Med Uni Graz vertreten», lautete die Begründung für den Rausschmiss. Die Leitung der Lehrpraxis wurde ihm entzogen. Eine Anmeldung «einer*s Studierenden für einen Ausbildungsplatz» sei nicht mehr möglich.
Uni äussert sich zur Kündigung
Die Medizinische Universität Graz macht auf Nachfrage der «Kronen-Zeitung» deutlich: «Wir legen grossen Wert auf eine respektvolle und konstruktive Kommunikation, die unsere Grundsätze der Offenheit und Toleranz widerspiegelt.»
Kroissenbrunner bedauert, dass sein Anstellungsverhältnis so endete. «Im Rahmen einer Aussprache hätte man wohl einiges klären können», glaubt er.
Das Gendern wird auch in der Schweiz intensiv diskutiert. Der Bund sprach sich jüngst im Rat für deutsche Rechtschreibung, der höchsten Orthografie-Instanz in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol, gegen den Genderstern aus.