Mariupol praktisch ganz unter russischer Kontrolle
Hört Putin mit dem Krieg jetzt auf?

Noch halten ukrainische Kämpfer in einem Stahlwerk in Mariupol die Stellung. Es ist aber eine Frage der Zeit, bis sie besiegt sein werden und Putin die Küste unter Kontrolle hält. Wird ihm dieser Erfolg genügen, um die Waffen zum Schweigen zu bringen?
Publiziert: 19.04.2022 um 20:13 Uhr
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Aktualisiert: 20.04.2022 um 07:47 Uhr
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Die Russen kommen bei der Offensive im Osten schneller voran als vorher beim missratenen Sturm auf Kiew.
Foto: keystone-sda.ch
Guido Felder

Es fehlt nicht mehr viel, und die russischen Truppen haben die wichtige ukrainische Hafenstadt Mariupol erobert. Noch verschanzen sich rund 2500 Kämpfer in den unterirdischen Gängen des Stahlwerks Asowstal. Auch Zivilisten – darunter Familien mit Kindern – sollen sich hier verstecken.

Die Russen wollen die Ukrainer aus den Tunneln treiben: Dazu setzen sie Panzer und Bomben ein, die dicke Bunkermauern durchdringen können. Auf ein Ultimatum, aus dem Versteck herauszukommen, haben die Ukrainer nicht reagiert. Die Russen drohen daher mit der «Vernichtung» der ukrainischen Soldaten, die dem Asow-Regiment angehören.

Asow-Regiment zerstört russische Panzer
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Aufnahmen aus Mariupol:Asow-Regiment zerstört russische Panzer

Nur noch eine Frage der Zeit

Es ist eine Frage der Zeit, bis die Russen das Stahlwerk erobert haben. «Die Einnahme wird wohl in den nächsten Tagen geschehen», sagt ETH-Sicherheitsexperte Benno Zogg (32) gegenüber Blick.

Für die Russen hat die Eroberung der Küstenstadt Mariupol laut Zogg drei Bedeutungen:

  • Symbolischer Sieg: «Die Stadt war zwei Monate lang belagert und umkämpft. Es zeugt nicht von grosser russischer Kampfkraft, die Putins Truppen hier gezeigt haben. Es ist eher ein russisches Versagen», sagt Zogg.

  • Kontrolle der Küste: Mariupol ist für die Ukraine eine wichtige Hafenstadt für den Zugang zum Asowschen Meer und erlaubt so den Handel mit der ganzen Welt. Zogg: «Mit der Einnahme Mariupols würde Russland die ganze Küstenlinie bis zur Krim kontrollieren. Das Asowsche Meer droht faktisch zum reinen russischen Binnengewässer zu werden.»

  • Frei werdende Kräfte: Relativ wenige Ukrainer haben mit ihrer Verteidigung in russisch kontrolliertem Gebiet viele russische Truppen gebunden. Durch die Eroberung werden rund 12’000 Soldaten für die Offensive frei.

Macht Putin weiter?

Nach der Eroberung Mariupols und des ganzen Küstenstreifens bis zur Krim stellt sich die Frage: Wertet das Putin als Erfolg, sodass er sich aufs Halten der eroberten Gebiete konzentriert und weitere Kriegshandlungen einstellt? Oder gibt ihm das schnelle Vorankommen im Osten nun sogar Auftrieb, die Offensive wieder auf Kiew und das übrige Land auszuweiten?

Für Zogg Fragen, die zurzeit nicht beantwortet werden können. Es sei zwar denkbar, dass grössere militärische Operationen bei einer russischen Eroberung des Donbass aufhörten, was die Lage in grossen Teilen der Ukraine oberflächlich beruhigen könnte. Aber: «Ein Teil des Landes würde jedoch russisch besetzt bleiben. So könnte der Krieg auf niedriger Flamme weitergehen, und die Ukraine würde durch ihren grossen Nachbarn dauerhaft bedroht bleiben.»

Nur eines sei sicher, nämlich dass Putins politischen Ziele die gleichen blieben: eine nachhaltige Schwächung der Ukraine, der er die Existenzberechtigung abspricht.

«Stahlwerk Mariupol ist für Putin Schlüssel zum Erfolg»
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Auslandredaktor Guido Felder:«Stahlwerk Mariupol ist für Putin Schlüssel zum Erfolg»
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