Mangel an Ausrüstung
Russen-Armee muss eigenen Soldaten das Auto wegnehmen

Zur Kompensation der ausbleibenden Fahrzeuglieferungen soll Russlands Armee zu einem neuen Mittel greifen: Das Verteidigungsministerium soll die Privatautos seiner Soldaten beschlagnahmen und an die Front schicken.
Publiziert: 22.08.2023 um 18:02 Uhr
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Zerstörte Autos in der Region Donez: Den Russen mangelt es offenbar an Nachschub.
Foto: DUKAS

Der Mangel an Ausrüstung in der russischen Armee wird offenbar immer prekärer. Dem Militär fehlt es an der Front an allen möglichen Gegenständen. So gibt es offenbar nicht nur zu wenig Munition, auch zahlreiche Fahrzeuge der russischen Armee sind im Angriffskrieg gegen die Ukraine beschädigt oder zerstört worden. 

Deswegen sollen die Kommandanten von Putins Armee nun zu ungewöhnlichen Mitteln greifen, um an mehr Fahrzeuge heranzukommen. Wie russische Militärblogger auf Telegram schreiben, sollen private Autos der Soldaten beschlagnahmt und an die Front gebracht worden sein. «Russische Armeeangehörige müssen neu ihre privaten Autos beim Verteidigungsministerium registrieren», heisst es auf dem Telegram-Kanal von Anastasia Kascherwarowa, einer Militärbloggerin mit rund 270'000 Abonnenten. Die Fahrzeuge würden daraufhin an die Front gebracht. 

Wer sich der Weisung des Verteidigungsministeriums widersetzt und seine Fahrzeuge nicht registriert, werde bestraft, behauptet die Bloggerin weiter. Auch kleinere Vergehen wie administrative Verstösse bei der Registrierung der Autos würden bestraft. Unabhängig bestätigt werden können diese Angaben nicht. 

In Cherson mangelt es an Booten

Problematisch sei aber nicht nur die Lage bei den Transportfahrzeugen, schreibt die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) unter Berufung auf weitere russische Militärblogger. Auch an der Versorgung mit Booten und Artillerie mangle es. Soldaten, die in der Region Cherson stationiert seien, beklagten sich immer wieder über das Fehlen von Booten. Diese seien essenziell, um im Gebiet des Flusses Dnjepr überhaupt operieren zu können. 

Dabei steht die Region rund um Cherson derzeit besonders im Fokus der Kampfhandlungen. Erst vor rund zwei Wochen war es ukrainischen Truppen gelungen, den Dnjepr zu überqueren. Bislang bildete der Fluss die Front-Linie, nun werden die russischen Einheiten langsam zurückgedrängt.

«Physische und psychische Erschöpfung»

Laut hochrangigen russischen Politikern versucht die Führung der Armee, den Mangel an Ausrüstung mit uraltem Material zu überbrücken. Alexander Chodakowski (51), Kommandant der von Russland annektierten ukrainischen Oblast Donezk, schrieb auf Telegram, seine Truppen hätten uralte D-20 Kanonenhaubitze geliefert bekommen. Diese wurden zu Sowjetzeiten hergestellt – in den 1950er Jahren. «Die Farbe war nach all den Jahren abgeblättert und sie eignen sich kaum für die Bekämpfung von feindlichen Artilleriebatterien», so Chodakowski, der die D-20-Haubitze in seinem Post als «Dinosaurier» bezeichnet. 

Glaubt man den Militärbloggern, nagt der schlechte Nachschub auch an der Moral der Russen. Auf mehreren Telegram-Kanälen ist von einer «physischen und psychischen Erschöpfung» der russischen Soldaten die Rede. Bloggerin Anastasia Kaschewarowa: «Wir haben das Gefühl, dass wir gegen den Feind kämpfen, und die Kommandanten gegen uns.» (zis)


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