In einem gigantischen Kraftakt gelang am Mittwoch eine noch nie dagewesene Jagd auf die 'Ndrangheta. Verschiedene europäische Staatsanwaltschaften koordinierten die Mega-Razzien in acht Ländern. Der Schlag gegen die kalabrische Mafia gelang einem international zusammengewürfelten Ermittlungstrupp, an dem auch Europol und Eurojust sowie die Agentur der EU für Zusammenarbeit in Strafsachen beteiligt waren. Fedpol und Bundesanwaltschaft machten bei der sogenannten «Operation Eureka» nicht mit. Dennoch: Das globale Netz des organisierten Verbrechens reicht auch in die Schweiz. Das zeigen die aktuellen Ermittlungen.
Weit über 1000 Beamte, darunter Spezialeinheiten und Hundestaffeln, stürmten am Mittwoch in Italien, Deutschland, Belgien, Frankreich, Portugal, Rumänien, Slowenien und Spanien Büros, Geschäfte, Restaurants, Eisdielen, Autowaschanlagen, Privatunterkünfte. Sie beschlagnahmten Vermögen in Höhe von 22,3 Millionen Euro und stellten 23 Tonnen Kokain sicher. Der Schaden für die 'Ndrangheta liegt bei 2,5 Milliarden Euro. In diesem Fall sind zwei Clans aus dem kalabrischen Mafia-Kaff San Luca betroffen.
Fahndungserfolg dank gehackter Kryptohandys
Den europäischen Fahndern war es gelungen, die Kryptohandys der kriminellen Organisation zu hacken. So konnten sie Gespräche belauschen, von denen die Mafia glaubte, sie seien sicher. Die Beweise reichen, um die Mafiosi nun wegen Geldwäsche, bandenmässiger Steuerhinterziehung, gewerbsmässigen Bandenbetrugs sowie Rauschgifthandels- und Schmuggels anzuklagen.
Auch wenn die Schweiz nicht in den Schlagzeilen über die historische Verhaftungswelle auftaucht, ist sie dennoch im organisierten Verbrechen verstrickt. Wie die RSI berichtet, hätten Ermittler Telefonate belauscht, in denen es um Waffenkäufe und Drogenhandel in der Schweiz ging.
Dubioser Aufenthalt in Zürich
So geht aus den Ermittlungsakten hervor, dass zwei Mafiosi aus Kalabrien (49 und 48) bei einem in der Schweiz ansässigen Waffenhändler zehn halbautomatische Pistolen der Marke Glock bestellten. Der Händler hatte bereits in der Vergangenheit die ’Ndrangheta mit Schweizer Schusswaffen beliefert. Zudem belauschten Fahnder einen 26-jährigen Kalabrier, wie er in der Schweiz 300 Kilo Haschisch kaufen wollte. Doch der Preis von 3000 Franken pro Kilo sei ihm zu hoch gewesen.
Wiederum ein anderer Belauschter wirbt mit «legalen Geschäften» und berichtet von seinem Aufenthalt in Zürich, wo er einige Verträge abschliessen wolle, darunter mit einigen Spitälern. Der 59-Jährige sagt über das abgehörte Kryptohandy, er sei Pharma-Unternehmer und international unterwegs – von Spanien bis Südkorea. Zu seinen Geschäften zählen – da sind sich die Ermittler sicher – der Schmuggel von verbotenen Substanzen.