In Italien und Spanien war das Verlassen des eigenen Hauses zeitweise unter Strafe gestellt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bekämpfen. In Frankreich drohten Strafen beim Verlassen einer 1-Kilometer-Zone um das eigene Haus, und man durfte nur für eine Stunde draussen an der frischen Luft sein. Diese Länder haben die Viruskrise auch mit harten Massnahmen nicht beenden, dafür aber lindern können.
Die Schweiz ist auch beim Drohen einer dritten Welle weit entfernt von solch drastischen Massnahmen. Auch Deutschland geht mit dem zweiten Lockdown ab Mittwoch noch nicht soweit, die Bewegungsfreiheit von Menschen zu regeln. Doch Berlin handelt in Eile und resolut: «Das Virus feiert keine stille Weihnacht», erklärte dazu Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (62). Private Treffen, der Verkauf von Alkohol und Öffnungszeiten von Geschäften werden eingeschränkt. Mit der Ausnahme von Take-aways haben die Gastronomie sowie Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen zu schliessen.
Doch Grenzen bleiben offen, Reisen bleibt erlaubt. Auch in der Schweiz, wo im europäischen Vergleich nach wie vor grosse Freiheiten herrschen. Menschen können selbst - auch wenn unter Einschränkungen - Skifahren gehen. Mit einem Flickenteppich von Feinabstimmungen hat sich die Schweiz lange als europäischen Sonderfall mit Minimalmassnahmen gegen das Virus zu behaupten versucht. Jetzt scheinen an allen Ecken und Enden die Alarmglocken zu schellen. Schweizer Spitäler fürchten den Kollaps nach Weihnachten. Bundesrat Alain Berset trifft sich am Montag zum x-ten Corona-Krisengipfel mit Verantwortlichen - heute mit Lukas Engelberger (45), Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren. Schlittert auch die Schweiz in einen neuen Lockdown?
Klare Vorgaben und Disziplin
Anfangs Monat sprach der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (45) im ZDF wohl im Namen vieler Entscheidungsträger und auch Betroffener: «Wir haben dieses Virus unterschätzt - alle miteinander.» Mittlerweile musste auch Schweden vom Sonderweg abrücken. Die Lage in vielen Ländern Europas wirkt zunehmend dramatisch. Dies, während Asien das Virus weitgehend besiegt hat.
Die vom Virus arg befallenen westlichen Industrienationen hoffen auf den Impfstoff. Dabei zeigt Asien, dass das Virus durch Disziplin und gezielte Massnahmen in kürzester Zeit unter Kontrolle sein kann. Massnahmen bleiben bestehen, doch etwa in China, Japan, Taiwan, Thailand und Vietnam ist Corona nur noch eine Erinnerung.
Der Westen blickt gerne herablassend auf die angeblich unterjochten Menschen Asiens. Dank Disziplin geniessen diese heute seit Monaten wieder die Freiheiten wie vor dem Virus. Was dazu nötig war, waren klare Vorgaben der Regierung und Disziplin in der Bevölkerung. Grenzen wurden dichtgemacht und Menschen tragen ohne aufzumucksen Masken. Auch in Australien und Neuseeland: Einheitliche Massnahmen wurden durchgesetzt, die Gesellschaften hielten zusammen. (kes)