Kwarteng muss gehen
Liz Truss entlässt ihren Finanzminister

Die britische Premierministerin Liz Truss hat übereinstimmenden Medienberichten zufolge ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen. Der Schritt am Freitag kommt kurz vor einer erwarteten Kehrtwende bei den geplanten Steuerplänen der Regierung.
Publiziert: 14.10.2022 um 13:57 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2022 um 16:16 Uhr
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Kwasi Kwarteng, Finanzminister von Großbritannien, hält eine Rede auf dem Jahreskongress der Konservativen Partei im International Convention Centre. Foto: Aaron Chown/PA Wire/dpa
Foto: Aaron Chown

Die britische Premierministerin Liz Truss (47) entlässt ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng (47). Das bestätigt der geschasste Minister am Freitag auf Twitter, nachdem mehrere britische Medien darüber berichtet haben.

Nur wenige Stunden später gab die Regierung bekannt, wer Kwartengs Nachfolger wird: Jeremy Hunt (55) übernimmt das Amt. Er ist kein Neuling in der Regierung. Bis Juli 2019 war er Aussenminister. Hunt war zuletzt als Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im britischen Parlament tätig.

Budgetentwurf verärgerte Volk

Kwasi Kwarteng (47) hatte mit dem missglückten Budgetentwurf viele Bürger verärgert und muss nun den Kopf hinhalten. Durch seinen Entwurf hätte die britische Regierung Schulden in Milliardenhöhe auf sich genommen, damit die Reichen von den Steuern entlastet werden.

Allerdings, wie Politexperte Gerhard Dannemann (63) gegenüber Blick sagt: «Das sogenannte Mini-Budget war mit der Premierministerin abgesprochen und wurde auch von ihr verteidigt.» Kwarteng sei, vergleiche man die Situation mit dem Schach, ein Turmopfer. «Wirtschafts- und Steuerpolitik war das zentrale Anliegen, mit dem Truss das Amt als Premierministerin übernommen hat – der Schatzkanzler war damit wohl ihr wichtigster Minister.»

Die Finanzmärkte hatten nach der Ankündigung erheblicher Steuersenkungen ohne einen Plan zur Gegenfinanzierung im September heftig reagiert. Das Pfund fiel im Verhältnis zum US-Dollar in den Keller. Die Bank of England musste mehrmals intervenieren und Staatsanleihen kaufen, um deren Preisverfall auszuhalten und den Kollaps von Pensionsfonds zu verhindern. Steigende Zinsen für Immobilienkredite verschärften für viele Hausbesitzer die Krise der Lebenshaltungskosten.

Truss zog geplanten Spitzensteuersatz zurück

Truss musste zurückrudern und stoppte die Steuerentlastung für Reiche und verwarf den Budgetentwurf. Ihre Partei wurde durch die Aktion aber stark kritisiert. Der Schritt, Kwarteng zu entlassen, kommt kurz vor einer erwarteten Kehrtwende bei den geplanten Steuerplänen der Regierung. Truss steht nur gut fünf Wochen nach ihrem Amtsantritt in ihrer eigenen Partei massiv unter Druck.

Ob Truss mit der Entlassung ihres Schatzkanzlers und der erwarteten Kehrtwende die Finanzmärkte wieder beruhigen und ihre Position festigen kann, gilt als fraglich. Britische Medien spekulierten bereits, sie könne demnächst von ihrer Partei gestürzt werden.

Premierministerin lehnt Rücktritt ab

Nach der Entlassung ihres Finanzministers Kwasi Kwarteng hat die britische Premierministerin Liz Truss es abgelehnt, selbst zurückzutreten. Sie habe entschieden gehandelt und damit sichergestellt, dass das Land eine finanzielle Stabilität besitze. Truss sagte, sie werde immer im nationalen Interesse agieren. «Wir werden diesen Sturm überwinden», fügte sie hinzu.

Die Regierungschefin beharrte darauf, dass ihre Politik niedrigerer Steuern und hoher Investitionsanreize richtig sei. Lediglich der Markt, den die Entscheidungen, die Steuern deutlich zu senken, irritiert hätten, sei der Grund, warum sie eine Kehrtwende einlege, sagte Truss. «Ich bin fest entschlossen, das zu halten, was ich versprochen habe.» (tva/SDA)

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