Auf einen Blick
- Diebstahlwelle in Edinburgh: Geschäfte auf der Royal Mile stark betroffen
- Mitarbeiter werden bedroht und angegriffen, einige haben gekündigt
- Ein Geschäftsbesitzer meldet Verluste von 17'000 Franken in drei Monaten
Die Stadt wirkt märchenhaft: imposante Architektur, jede Menge Pubs und freundliche Menschen. Doch was auf den ersten Blick wunderschön wirkt, trügt. Die schottische Hauptstadt Edinburgh hat immer mehr mit organisierter Kriminalität zu kämpfen. Die Probleme kommen just zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Stadt immer mehr zum Touristen-Geheimtipp Europas mausert.
Die berühmte Flaniermeile Royal Mile, bekannt für historische Lokale und kleine Läden, leidet unter einer grossen Diebstahlwelle. Boutiqueninhaber berichten von einer «gesetzlosen» Atmosphäre, in der Diebe zunehmend dreister agieren, berichten schottische Medien. Die Täter: organisierte Banden.
«Es ist das Schlimmste, was ich in 35 Jahren gesehen habe»
Waren im Wert von Tausenden Franken seien geklaut worden. Das Ganze ist sogar auf Video dokumentiert: Vom regionalen Fernsehsender STV veröffentlichte Aufnahmen zeigen, wie Menschen am helllichten Tag hochwertige Designer-Stücke, Pullover und Jacken klauen. Ladenbesitzer Galab Singh Gold (47) sagt gegenüber der BBC: «Ich habe Stunden an Filmmaterial, das zeigt, wie dreist die Diebe geworden sind. Es ist das Schlimmste, was ich in den 35 Jahren auf der Royal Mile gesehen habe.» Gold ist verzweifelt. In den vergangenen drei Monaten habe er einen Verlust von 17'000 Franken erlitten. «Es ist schockierend, dass so etwas auf der prestigeträchtigsten Strasse des Landes passiert», schildert der 47-Jährige.
Dabei erwähnt der Brite auch Sachbeschädigungen. Ein Mann habe nachts eine Schaufensterscheibe eingeschlagen und teure Taschen entwendet. Jetzt kämen auch noch Reparaturkosten für die zerstörten Fenster hinzu.
Ewan MacDonald-Russell, stellvertretender Vorsitzender der schottischen Detailhändler, betont, dass sich die Banden ständig vermehren. «Viele dieser Banden sind gut organisiert und stehlen Dinge auf Bestellung. Das sind sehr unangenehme Gangs, die an einer Menge noch schlimmerer Verbrechen beteiligt sind, und manchmal nutzen sie Kleinkriminalität als Finanzierungsmechanismus und als Möglichkeit, Leute anzuwerben», vermutet der Schotte.
Angriffe auf Mitarbeiter
Vor Gewalttaten gegen Menschen schrecken die Schläger nicht zurück. Mitarbeiter werden zunehmend bedroht und angegriffen. Einer seiner Angestellten sei ins Gesicht geschlagen worden, andere wurden zu Boden gestossen oder verbal beleidigt, sagt Gold. Die Konsequenz: Die Mitarbeiter kündigten gleich reihenweise. Für den Geschäftsführer eine Katastrophe. Er überlegt sich jetzt, zusätzliches Sicherheitspersonal anzustellen.
Edinburgh verwandelte sich in den letzten Jahren immer mehr in einen Touristen-Hotspot. Viele Menschen sind von der schottischen Metropole fasziniert und lieben die Mischung aus nebligen Morgenstunden, sonnigen Nachmittagen und stürmischen Abenden. Damit dies auch so bleibt, hat die Polizei angekündigt, mehr Streifenfahrten zu unternehmen und Massnahmen zu ergreifen, um dem Problem einen Riegel zu schieben.